Expressive Eleganz

von Redaktion

Marta Sanchez mit Trio in der Unterfahrt

Kreative Individualistin: Marta Sanchez. © Unterfahrt

Marta Sanchez hat einen Lauf. Die Zeiten, da sich die Pianistin aus Madrid nach ihrem Umzug nach New York mit Spanisch-Nachhilfe für Kinder über Wasser halten musste, weil sie von der Musik allein noch nicht leben konnte, dürften endgültig vorbei sein. Beeindruckte Sanchez vor einem Monat in der Münchner Unterfahrt schon als Mitglied des David Murray Quartetts, übertraf sie den guten Eindruck nun an gleicher Stelle mit ihrem eigenen Trio.

Sanchez‘ Kompositionen sind oft von negativen Aspekten wie Trauer, Schlaflosigkeit oder Selbstzweifeln inspiriert. Doch Larmoyanz ist ihr fremd, vielmehr trotzt sie den Widrigkeiten Vitalität und Eigensinn ab. Ihr Klavierspiel ist stark rhythmisch akzentuiert, bis hin zu einer geradezu perkussiven Attacke, wobei diese Expressivität mit einer – meist unterschwelligen, seltener expliziten – Eleganz der Linienführung korrespondiert. Von Chris Tordini am Kontrabass und Savannah Harris am Schlagzeug ebenso gefordert wie unterstützt, ergibt dies so quirlige wie spannende Stücke, die gelegentlich überraschend abrupt enden.

Wohl nicht zufällig stammt die einzige Fremdkomposition des Abends von der 2017 mit nur 60 Jahren gestorbenen Ausnahmepianistin Geri Allen. Den ikonischen Status dieser exemplarischen Brückenbauerin zwischen Tradition und Avantgarde hat Sanchez zwar noch lange nicht, aber die Messlatte für die eigenen Ambitionen nicht zu niedrig zu hängen, ist allemal ein gutes Zeichen. Nur selten klingt die im Jazz mit Abstand häufigste Instrumentenkombination jedenfalls so erfrischend und unverbraucht wie beim Marta Sanchez Trio.

Als nächstes Album hat Sanchez übrigens ein Werk für präpariertes Soloklavier angekündigt. Es dürfte sich lohnen, den Werdegang dieser kreativen Individualistin zu verfolgen. REINHOLD UNGER

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