PREMIERE

Mehr Mut wagen

von Redaktion

„Robinson & Crusoe“ an der Münchner Schauburg

Sie halten mit ihrer Spielfreude die Inszenierung zusammen: Hardy Punzel (li.) und Anh Kiet Le. © Fabian Frinzel/Schauburg

Es ist ein wahres Potpourri an Eindrücken von Altbekanntem und Vertrautem, das der Münchner Regisseur Kilian Bohnensack in der Schauburg mit seinem aktuellen Wurf des Klassikers „Robinson & Crusoe“ vermittelt: „Der kleine Prinz“-Poesie findet sich ebenso wie Einsamkeitsmotive der „Winterreise“ oder eine geballte Portion „Star Wars“-Ästhetik (Bühne: Ella Hölldampf / Kostüme: Florian Buder). Auch das (fast) gleichnamige Defoe-Original von 1719 ist viel stärker in der Theateradaption von 1985 (Nino d’Introna und Giacomo Ravicchio) präsent, als die Ankündigung auf der Website vermuten lässt. Alles zusammen genommen ist diese Inszenierung jedoch keine fragmentarische, sondern eine ganz runde Sache, was an den beiden wunderbar spielfreudigen Darstellern Anh Kiet Le und Hardy Punzel liegt – beide Abgänger der Theaterakademie August Everding. Sie beherrschen die in der Münchner Fassung verwendete und von KI generierte Laut-Sprache ebenso bravourös wie eine starke Körpersprache inmitten all der im Stück angelegten Nonverbalität und Kommunikationslosigkeit.

Um essenzielle Themen wie Angst vor dem Unbekannten, Fremdheit, Verlorenheit oder Feindlichkeit verbunden mit blindem Hass geht es, darüber hinaus um Werte wie Vertrauen oder Toleranz demjenigen gegenüber, was man nicht selbst ist. Es ist wichtig, dass die Schauburg – und mit ihr in den vergangenen vier Jahrzehnten Theaterhäuser von Turin bis Athen, von Tel Aviv bis Osaka – Werke wie dieses zeigen, an erschütternder Aktualität hat der Stoff bis heute nichts verloren. Und doch hätte man sich von der Regie mehr Momente des Innehaltens und des Verlassens der Clownerie gewünscht, mehr Mut zum Aushalten poetischer Tiefgründigkeit und Reflexion, welche man nicht nur der Jugend jederzeit zutrauen sollte. Gerade diese intensiven Augenblicke ließen die Protagonisten innerhalb ihres Mikrokosmos nicht nur zueinander, sondern vor allem zu sich selbst finden – und hiermit letztlich ihr Publikum erreichen. ANNA BEKE

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