So produktiv und erfolgreich wie nicht einmal in den goldenen Siebzigern: Marianne Rosenberg. © Britta Pedersen
Älter werden wie Marianne Rosenberg – das klingt nach einer ziemlich duften Idee. 1970, als 14-jähriges Schlager-Küken, schmachtete sie in der ziemlich zopfigen Herren-Fantasie „Mr. Paul McCartney“ den damals Gerade-noch-Beatle an. 54 Jahre später, nach einer rauschenden Karriere mit mehr Höhen als Tiefen, hat sie jetzt als selbstbewusste und selbstbestimmte Künstlerin, als Texterin und Co-Produzentin, ihr 22. Studioalbum „Bunter Planet“ veröffentlicht. Die Platte bietet die XXL-Portion Glitzer und Glamour, die die Welt heute gut gebrauchen kann. Und Madame Marianne blickt mit 69 allen Miseren zum Trotz positiv nach vorne: „Wenn ich mich frage, was ich von der Zukunft erwarte, dann fällt mir nichts Besseres ein als die Musik und die Liebe.“
Seit sie ihre Songs zusammen mit Sohn Max schreibt und produziert, ist die einstige Hitparaden-Prinzessin so produktiv und erfolgreich wie nicht einmal in den goldenen Siebzigern. Nach dem Nummer-1-Album „Im Namen der Liebe“ 2020 und den Coverversionen auf „Diva“ zwei Jahre später, ist sie jetzt also auf dem bunten Planeten gelandet. In 14 Edel-Schlagern zelebriert sie die Vielfalt und das offene Miteinander, die uns gerade drohen, abhandenzukommen. „Ich träum’, dass sie zu ihr gehören darf, und sich niemand mehr empören mag“, singt Marianne im Titelsong, einer cleveren Disco-Nummer, die gemeinsam mit der Hamburger Sängerin und Songschreiberin Leslie Clio entstanden ist.
Apropos Disco: Die Rosenberg lässt die High Heels auf der Tanzfläche qualmen, dass nicht nur ihren queeren Fans im Club die Füße bluten dürften. Und wen geht’s was an, ob sich das in ihrem Alter noch schickt? Niemanden! Der Auftakt „Ich an Dich“, die Single „Liebe spüren“, gleich danach „Morgenrot“ oder „Tanzen“ – lauter Hymnen, die an Gloria Gaynor, Donna Summer oder Cher erinnern.
Wenn sie doch mal zurückblickt statt nach vorne, wie in der Ballade „Anfang und Ende“, findet sie dafür als Texterin ganz wunderbare Worte: „Ich war verrückt, und so jung, zu jung.“ Der Philly-Sound ihres genialen Erfolgsproduzenten Joachim Heider feiert auf „Bunter Planet“ fröhliche Urständ – nur leider nicht mehr wie vor 50 Jahren mit opulentem Orchester, sondern aus dem Computer. Das klingt ein wenig kalt und steril, aber so ist das heute. „Streicher kann sich keiner mehr leisten“, weiß die Rosenberg. Spaß macht’s trotzdem. Und wer den potenziellen Sommerhit „Lass die Liebe gewinnen“ hört, könnte auf die Idee kommen: Lass Marianne Rosenberg den Eurovision Song Contest 2025 gewinnen – 50 Jahre, nachdem sie mit „Er gehört zu mir“ beim deutschen Vorentscheid kurioserweise nur Zehnte wurde. Die „Lieder der Nacht“ auf ihrem neuen Album hätten ganz bestimmt Siegchancen. JÖRG HEINRICH
Marianne Rosenberg:
„Bunter Planet“ (Warner).