„Umsturz“ gelungen

von Redaktion

Trümmer einer Replik des Münchner Obelisken sollen Museum verschönern

Mit großem Rawumms: Eine Kopie des Münchner Obelisken ist in sechs Teile zerborsten. © Montage: Dr. Pfanner

Kaiserwetter, Blasmusik, Grillwürstelgeruch – und den Sekt gab’s auch noch umsonst. Mit einem Wort, es herrschte Volksfeststimmung vor der Münchner Werkshalle der Dr. Pfanner GmbH, denn schließlich stand an diesem Samstagvormittag Großes bevor: Ein veritabler „Umsturzversuch“ sollte hier stattfinden, und für sowas sind die Münchner bekanntlich immer zu haben, solange es Getränke kostenlos gibt.

Zumal in diesem Fall ja auch keine politische Subversion geplant war, sondern vielmehr eine Kunstaktion, die noch dazu im sozusagen öffentlichen Auftrag stattfand. Das Staatliche Museum Ägyptischer Kunst (SMÄK) in München möchte seine große Freitreppe, die von der Straße zum grabkammerartigen Eingang hinabführt, ein wenig aufbrezeln. Denn so schön die gähnende Leere dieser Treppe ist – womöglich verstärkt ihr feierlicher Purismus ja die Schwellenangst und schreckt potenzielle Besucher ab? Oder sollte nach antiker Sitte ein Abwehrzauber vor der Tür platziert werden?

Jedenfalls griff man gerne den Vorschlag von Professor Michael Pfanner auf, der nicht nur Steinmetz und studierter Archäologe ist, sondern mit seiner Firma seit vielen Jahren das Museum ägyptischer Kunst restauratorisch begleitet: Pfanner hatte die Idee, eine originalgetreue Kopie des berühmten Münchner Obelisken aus Rosengranit, der im Museum steht, zu zertrümmern und die so entstandenen Fragmente dann als Installation auf der Eingangstreppe des SMÄK einzurichten. Wobei es ja nur zu verständlich ist, wenn Restauratoren auch mal das Bedürfnis haben, was kaputtzumachen – als Ausgleich für die mühevolle Puzzlearbeit, bei der sie sonst immer kaputte Kunstwerke wieder zusammensetzen.

Also stellten die Steinmetze der Firma Dr. Pfanner eine Obeliskenkopie her, und am vergangenen Samstag war es dann endlich soweit: Vor dem feierlichen Zertrümmerungsakt erklärte Arnulf Schlüter, Direktor des Ägyptischen Museums, in seiner Rede, dass der einzige originale ägyptische Obelisk in Deutschland eben unser Münchner Exemplar ist, das wir, wieder mal, König Ludwig I. verdanken. Der kaufte es nämlich aus seinem Privatvermögen den Vorbesitzern ab. Einer römischen Adelsfamilie, der Napoleon Jahre zuvor den Obelisken auf einem Feldzug geraubt hatte, und der er nach dem Ende des Franzosenkaisers zurückgegeben wurde. Weil die italienischen Blaublüter aber den teuren Rücktransport von Paris nicht zahlen konnten, verkauften sie den roten Riesenstein an den bayerischen König.

Anschließend begrüßte auch der Firmenchef in einer kurzen Ansprache alle „Freunde des hoffentlich bald kaputten Obelisken“ und bat das zahlreich erschienene Publikum, aus dem Gefahrenbereich zurückzutreten. Darauf gab’s einen urägyptischen Trommelwirbel, und der große Moment war gekommen: Zwei Frauen und ein Mann, die sich wie einst die Sklaven beim Pyramidenbau mächtig in die Seile legten, reichten aus, um die sechs Meter hohe und fast vier Tonnen schwere Replik des Münchner Obelisken zu Fall zu bringen. Mit großem, dumpfem Rawumms zerbarst das gute Stück in sechs handliche Trümmer – Operation gelungen, Obelisk kaputt! Klar, dass das nach alter Pharaonensitte mit Speis und Trank kräftig gefeiert wurde… ALEXANDER ALTMANN

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