Ein Triumph

von Redaktion

Ludwig Baumanns Inszenierung von Verdis Dauerbrenner „Aida“ auf Gut Immling

Egal ob Opernkenner oder Opernneuling, den berühmten Triumphmarsch und die schmetternden Fanfaren dürfte jeder sofort im Ohr haben, sobald von „Aida“ die Rede ist. Und falls nicht, bietet sich beim Festival auf Gut Immling nun die perfekte Gelegenheit, Verdis Dauerbrenner in einer exzellent besetzten Neuinszenierung kennenzulernen.

Intendant Ludwig Baumann inszenierte hier eine im besten Sinne klassische „Aida“, bei der zum vollendeten Opernglück (oder -klischee) eigentlich nur noch die Elefanten fehlen. Aber die gibt es schließlich selbst in Verona schon lange nicht mehr. Und über einen Mangel an Schauwerten kann man sich im Chiemgau auch so definitiv nicht beschweren. Dafür sorgt in der Triumph-Szene unter anderem eine Akrobatiktruppe der Narrengilde Kraiburg, deren spektakuläre Einlagen beim Publikum im wahren Sinne den Atem stocken lassen.

Trotz viel ägyptischem Lokalkolorit mit Pyramiden, Mumien und Co. ist sich Baumann zum Glück bewusst, dass es bei „Aida“ im Kern um eine tragische Liebesgeschichte geht, die an politischen Konflikten scheitert. Das Spiel der Mächtigen beginnt bei ihm daher schon während der Ouvertüre als Schachpartie zwischen dem Pharao und dem äthiopischen König Amonasro. Ein Konflikt, der bald auf dem Schlachtfeld eskaliert und die Töchter beider Herrscher ins Unglück stürzt.

Dirigentin Cornelia von Kerssenbrock setzt im Graben zu Beginn ebenfalls auf epische Breite. Da wird mit getragenen Tempi das Flimmern über dem heißen Wüstensand plastisch heraufbeschworen und in den wuchtigen Chorszenen die nötige Fallhöhe für die intime Dreiecksgeschichte aufgebaut. Denn wenn es emotional ans Eingemachte geht, zwingt Kerssenbrock ihre Sängerinnen und Sänger eben nicht zur Kraftmeierei, sondern dämpft das Orchester behutsam ab. So ist die berühmte Auftritts-Arie des Feldherrn Radames bei Joseph Dhadha weniger eine tenorale Kampfansage, sondern tatsächlich einmal eine einfühlsame Liebeserklärung an seine holde Aida. Und auch die von ihm so schmeichelnd besungene Titelheldin Yunuet Laguna darf nach einem überaus selbstbewussten Einstieg beim „O patria mia“ mit ihrem tragfähigen Sopran ebenso zarte Piano-Phrasen spinnen.

Darina Gapitch kontert als Pharaonentochter Amneris mit einem von Eifersucht und Verzweiflung getriebenen Rollenporträt, bei dem sie nicht davor zurückschreckt, hin und wieder den dramatischen Ausdruck über den reinen Schöngesang zu stellen. Wofür sie besonders nach der vor Spannung bebenden Gerichtsszene vom Publikum enthusiastisch gefeiert wird.

Und auch in den tieferen Stimmlagen geht es ordentlich zur Sache. Theo Magongoma behauptet als Amonasro trotz väterlicher Gefühle mit robustem Bariton stets seine Autorität, und der von Giorgi Chelidze mit nachtschwarzem Bass verkörperte Ramfis lässt wenig Zweifel daran, wer im Schatten der Pyramiden in Wahrheit den Ton angibt.

Dass der Chor ausgerechnet auf dem Weg zum Triumphmarsch kurz seinen Einsatz verpasst, fällt bei diesem Stimmenfest kaum ins Gewicht. Weil Cornelia von Kerssenbrock geistesgegenwärtig die Situation rettet und ihr Ensemble sofort wieder sicher auf Kurs hat. Am Ende begeisterter Applaus für alle Beteiligten, die sich darüber mindestens so freuen dürften wie über die an diesem Abend bekannt gegebene neue Finanzspritze des Freistaates. Eine verdiente Aufstockung der Subventionen, mit der das aus der Region nicht mehr wegzudenkende Festival nun noch einmal ruhiger in die Zukunft blicken kann. TOBIAS HELL

Nächste Vorstellungen

am 29. Juni, 5. und 20. Juli sowie 4. und 16. August. Tickets unter www.immling.de.

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