Weiche Dramatik

von Redaktion

Andris Nelsons bei den Philharmonikern

Mit geschmeidigen Gesten formte Dirigent Andris Nelsons die siebte Symphonie von Anton Bruckner. © Tobias Hase

Da die erkrankte Baiba Skride Bergs Violinkonzert bei den Münchner Philharmonikern nicht spielen konnte, stellte Gastdirigent Andris Nelsons Bruckners siebter Symphonie kurzerhand Wagner voran. Kein Zufall, gedenkt doch der Österreicher in seinem zwischen 1881 und 1883 entstandenen E-Dur-Opus des gerade verstorbenen „hochseligen Meisters“ – nicht nur was Harmonik und Chromatik betrifft, sondern ganz dezidiert im zweiten Satz mit einer Trauermusik.

Mit geschmeidigen Gesten (ohne Taktstock) formte Nelsons in diesem langsamen Satz den weichen Klang der Wagnertuben, baute das Geschehen langsam auf bis zum mächtigen Tutti mit dem berühmt-berüchtigten Beckenschlag, dem der Abgesang in zartestem Piano folgte. Nelsons spannte das Werk zwischen dynamische Extreme, entlockte den sensibel agierenden Philharmonikern Pianissimi an der Hörgrenze, führte sie aber auch in den architektonisch klug gebauten, organisch-spannungsvoll gestalteten Steigerungen zu mächtigen Fortissimi. Gerade auch im Kopfsatz mit Bruckners „unendlicher Melodie“, wobei die Philharmoniker Kantables in weiten Bögen ausmusizierten.

Nicht nur die Streicher nahmen die Herausforderung engagiert an, auch das flexible Holz, die weich intonierenden Hörner und die glanzvollen Blechbläser erfüllten alle Wünsche des Dirigenten. So entstand in der Isarphilharmonie ein Klangbild, in dem die miteinander verwandten Motive schön zum Tragen kamen, Details hörbar wurden und der große Aufriss gewahrt blieb. Heiter-bewegt gelang das Scherzo, großartig das Finale, das mit sanften Wagnertuben ausklang. Kontrastreich und plastisch hatten Dirigent und Orchester zuvor auch die Welten von Elisabeth und Venus in Ouvertüre und Bacchanal aus Wagners „Tannhäuser“ ausgeleuchtet. GABRIELE LUSTER

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