Mit gebremstem Schaum

von Redaktion

Puccini pur bei „Paradisi Gloria“ in der Herz-Jesu-Kirche

Tomislav Muzek sang in der Messa di Gloria. © Uwe Arens

Stoffsammlung wäre zu viel gesagt. Aber ein paar Dinge finden sich in der Messa di Gloria schon, die Giacomo Puccini später für seine Opern recycelte. Vor allem ist da diese Emotionalität, nennen wir es Pathos oder opernhaft, die aus dem Früh-Stück des Meisters herauszuhören ist. In diesem Aufführungsfall muss allerdings an den Reglern gedreht werden: Dirigent Ivan Repusic weiß ja um die heikle Akustik der Münchner Herz-JesuKirche. Die aktuelle Ausgabe von „Paradisi Gloria“ serviert also Puccini mit gebremstem Schaum. Alles andere hätte das Publikum nur zugedröhnt.

Aufgeführt wird das Stück so gut wie nie. Das Münchner Rundfunkorchester schlägt daher gleich drei Fliegen mit einer Konzertklappe. Neben dem Live-Genuss folgt ab 11. Juli ein Stream auf BR Klassik, außerdem ist eine CD geplant. Auch deshalb wartet man mit Luxuriösem auf: natürlich mit dem BR-Chor, mit George Petean, einem der derzeit besten Baritone fürs italienische Fach (der hier nur zweimal zum Einsatz kommt), und mit Tenor Tomislav Muzek.

Letzterer wird gern, ob Wagner oder Puccini, fürs große Fach gebucht. In der Herz-Jesu-Kirche gibt es keinen Überdruck, keine Schluchzer, keine Eitelkeiten. Was überhaupt typisch ist für die gesamte Interpretation. Repusic drängt gerade nicht auf Oper. Der Grundpuls ist zügig, alles wird kundig und natürlich entwickelt, bis hin zum hochflexiblen, fein ausgesteuerten BR-Chor sind Stilisten am Werk. Aufgedreht wird nur, wo’s unbedingt notwendig ist. Möglich wird dadurch ein Hineinhören in eine Partitur, die Kostbarkeiten birgt, aber auch Ungeschliffenes wie die eckige Gloria-Fuge.

Da sich Ende November der Todestag des Komponisten zum 100. Mal jährt, hört man in den 90 Konzertminuten Puccini pur: neben der Messe ein „Preludio sinfonico“ und die für Streicher arrangierte Trauermusik „Crisantemi“. Ebenfalls selten gespielte Preziosen sind das, vom Rundfunkorchester und Repusic behutsam angefasst und mit sanftem Pulsieren vorgeführt. Dazwischen liest Anton Leiss-Huber Fiktiv-Biografisches über Puccini, das der Sprecher und Autor selbst verfasste und das über die Kitsch-Grenze driftet. Passt nicht ganz zur musikalischen Fraktion. MARKUS THIEL

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