Mit Trüffelknollen feinster Qualität versteckt im Dekolleté und dem unbedingten Willen zu zeigen, was sie kann, erkochte sich Léa Linster im Jahr 1989 als erste und bislang einzige Frau Gold beim Bocuse d’Or. Das ist die höchste internationale Auszeichnung für Köche, ins Leben gerufen vom französischen Drei-Sterne-Koch Paul Bocuse. Dass dort bislang nur eine Frau gewonnen hat, ist sinnbildlich für die Welt der Sterneküchen. Um den Frauenanteil steht es in dieser noch weit schlechter als in den Vorständen von Dax-Unternehmen: Nur vier Prozent aller Sterneköche sind Frauen. Auch darüber sprachen wir mit Linster, die am Montag ihr Buch „Deutschland küsst Frankreich“ in München vorstellt.
Wussten Sie schon als kleines Mädchen, dass Sie Spitzenköchin werden wollen?
Nicht unbedingt. Ich habe auch zunächst Jura studiert, weil jeder gesagt hat, wer nichts wird, wird Wirt. Aber ich muss sagen, ich liebe es, dass ich im Wirtshaus aufgewachsen bin. 1981 habe ich das Café-Restaurant von meinem Vater übernommen. Das Lokal in Luxemburg ist seit über 100 Jahren im Familienbesitz der Linsters und wird es auch bleiben: Inzwischen hat mein Sohn Louis übernommen. Das ist wundervoll, denn es schenkt mir wieder mehr Zeit für meine anderen Pläne. Ich möchte zum Beispiel eine Boutique in New York aufmachen. Und viel Zeit mit meinem Enkel Leon verbringen, der jetzt zwei Jahre alt ist.
Sie sind die einzige Frau, die beim Bocuse d’Or ausgezeichnet wurde. Es wird Zeit, dass das auch andere Spitzenköchinnen schaffen. Was raten Sie denen?
Habt keine Angst vor dem Erfolg. Denn in die Konsequenzen wächst man hinein, so wie das auch für andere Lebensbereiche gilt. Wer Erfolg will, darf die Arbeit nicht scheuen. Das Wort Erfolg bedeutet für mich, etwas zu machen, was andere schätzen. Wichtig für den Erfolg ist, dass man auch liefern kann – und das immer in der gleichen guten Qualität. Mein Siegergericht, den Lammrücken in Kartoffelkruste, habe ich danach unzählige Male gekocht – und mit jedem Mal noch ein wenig besser, weil ich noch genauer wusste, was am besten funktioniert. Das letzte Lamm, das ich zubereitet habe, war auch das beste.
Erfolg ist also kein Zufall und auch kein Geschenk?
Wirklichen Erfolg bekommt man nicht geschenkt. Und wenn einem Menschen Erfolg schenken, dann sind es genau diejenigen, die einem den Erfolg dann auch wieder wegnehmen. Mit dem Erfolg kommen die Neider. Auch davor sollte man keine Angst haben, denn deine Freunde finden dich gut, aber deine Feinde sind es, die dich gut machen. Man sollte immer genau wissen, mit welchem Können man sich den Erfolg erobert hat. Man braucht eine Spezialität, etwas, bei dem man genau weiß, wie es am besten ist. Ich habe das schon als Kind beobachtet. Wenn Menschen hunderte von Kilometern gefahren sind, um ein ganz besonders zubereitetes Huhn zu essen. Die kommen genau wegen dieser einzigartigen Spezialität. Das ist genau wie mit Brot: Einen großen Brotkorb voll mit verschiedenen Sorten anzubieten, ist irgendwie ein Versuch, es jedem recht zu machen. Das klappt nicht. Ein wirklich guter Brotkorb enthält genau eine Brotsorte: die beste. Wer Erfolg haben will, darf nichts dem Zufall überlassen. Ich wusste das und habe deshalb den besten weißen Trüffel mitgenommen zum Bocuse d’Or. Versteckt in meinem BH – weil es hieß, man dürfe nichts mitnehmen. Der weiße Trüffel, der für den Wettbewerb gesponsert war, hatte aber nicht die allerbeste Qualität. Das war mir klar, denn wenn etwas gesponsert wird, hat es nie die allererste Qualität. Die behält der Sponsor für sich. Was er gibt, ist sehr gut, aber nicht erstklassig.
Wie kann man mit Neid umgehen?
Ich bin auf das Positive getrimmt. Ich kann das überhören, was mich herunterziehen würde. Aber Kritik ist auch gut und bringt einen weiter. Man muss nur wissen, von wem man Kritik annehmen will und sich an der richtigen Kritik orientieren. Das heißt, der Kritiker sollte die Maßstäbe ansetzen, die einem selbst wichtig sind. Und noch etwas ist wichtig: Wenn man in eine unfaire Situation gerät, etwa weil ein Konkurrent einen Wissensvorsprung hat oder bevorzugt wurde, dann soll einen das nicht entmutigen. Egal, wie unfair die Situation ist, gehe deinen Weg zu Ende. Und habe auch keine Angst davor, mal eine schlechte Entscheidung zu treffen. Ich sage mir immer, dass auch die schlechten Entscheidungen getroffen werden müssen, damit dann auch die guten an die Reihe kommen.
Ihr neues Buch heißt „Deutschland küsst Frankreich“. Was ist das Beste aus beiden Küchen?
Deutschland hat das bessere Brot, Frankreich den besseren Käse. Ich wohne in Luxemburg genau dazwischen und fühle mich ein wenig in der Rolle der Butter, die beides verbindet und den Geschmack noch feiner macht. Ich liebe die luxemburgische Butter, besonders die Beurre Rose. Sie ist meine Lieblingszutat, auch und gerade für einfache Gerichte. Die Menschen lieben Küchenklassiker und lernen genau bei diesen gerne etwas dazu, um sie zu Hause noch besser kochen zu können. Das sehe ich zum Beispiel bei Instagram und im Internet. Mein Beitrag „Karotten lieben Butter“ dort wurde 700 000 Mal geklickt. Genau darum geht es beim Kochen: Etwas Kleinem eine besondere Note zu verleihen, die die anderen überrascht, das ist die große Kunst. Dann ist jeder am Tisch von Glück beseelt.
Léa Linster:
„Deutschland küsst Frankreich“. Gräfe & Unzer, München, 240 S.; 36 Euro.
Lesung: Léa Linster stellt ihr Buch am 8. Juli, 19 Uhr, im Münchner Literaturhaus, Salvatorplatz 1, vor; Karten unter 0761/88 84 99 99 oder unter literaturhaus-
muenchen.reservix.de.