Mit großartiger Stimme: China Moses. © Sylvain Norget
Afrofuturistischer Stil: Malika Tirolien. © Oliver Hochkeppel
Gitarrenvirtuose Al Di Meola ist die Hauptattraktion des Jazz-Sommers. Er spielt zum Auftakt am 16. Juli. © Ehud Lazin
Festivalmacher lassen sich ungern nachsagen, ihr Programm habe sich umständehalber so ergeben, weil die Bands halt eh auf Tour waren und eine sogar besonders günstig zu buchen, weil die Agentur noch dringend einen Ausfalltag zwischen Gigs in Helsinki und Lissabon füllen musste. Also muss ein Motto her, das konzeptionelles Hirnschmalz belegen soll. Im Bayerischen Hof, wo man sich seit gut einem Jahr redlich müht, ein Publikum dafür zu finden, dass Jazz und Verwandtes nicht an Authentizität und Qualität verlieren, nur weil sie statt im Kellergewölbe im stilvolleren Ambiente eines Luxushotels stattfinden, ist man für diesen Sommer bei „Loud & Proud“ („laut und stolz“) gelandet.
So ist der Jazz-Sommer im Bayerischen Hof vom 16. bis 20. Juli betitelt, der laut Programmchef Oliver Hochkeppel „an die Wurzeln des Jazz als Musik der Befreiung, des Widerstands und des Empowerments erinnert. Aber auch daran, dass Jazz keine spaßbefreite Kopfsache sein muss, sondern mitreißendes Entertainment für alle Sinne bietet.“
Laut wird’s auf jeden Fall zum Auftakt (16. Juli), wenn Al Di Meola mit seinem wiederbelebten Electric Quintet den Festsaal rockt: ein Pflichttermin für Gitarrenfreaks und sicher ein Fest für Fans des in den Siebzigerjahren populären Hochgeschwindigkeits-Jazzrock. Im Anschluss daran will im Night Club (wo auch alle übrigen Konzerte stattfinden) der aus Guadeloupe stammende Saxofonist Jacques Schwarz-Bart den Stolz auf seine karibischen Wurzeln in New Yorker Energie umwandeln. Als Gast hinzustoßen wird zu seinem Quartett Schwarz-Barts Landsfrau Malika Tirolien. Die bei uns noch zu entdeckende Sängerin hat am folgenden Abend mit ihrem afrofuturistisch angehauchten, kreolischen Stilmix den Night Club dann ganz für sich.
Bestens bekannt als umwerfende Wuchtbrumme ist dagegen China Moses, die von ihrer Mutter Dee Dee Bridgewater nicht nur die großartige Stimme, sondern auch die Bühnenpräsenz geerbt hat. Am 18. Juli lässt sie sich allerdings nur vom Piano begleiten: Ob man da eine ganz neue, introvertiertere Seite an ihr kennenlernt? Vervollständigt wird der jazzbefreite Entertainment-Schwerpunkt des Festivals am 19. Juli mit der dritten stimmgewaltigen Sängerin, der etwa von Gregory Porter hochgelobten LaToya Kennedy, die mit ihrer Kennedy Administration tanzbaren Neosoul und eher poppige Unterhaltung in den Night Club bringt. Den Abschluss bildet am 20. Juli ein „Munich Special“ mit dem Trio von Keyboarder Matthias Bublath, zu dem im Lauf des Abends fünf Sänger jedweden Geschlechts stoßen, vom bekannten Ron Williams bis zur aufstrebenden lokalen Nachwuchshoffnung Karoline Weidt. Wer Jazz als Instrumentalmusik zu anstrengend findet, kann sich also beim Jazz-Sommer im Bayerischen Hof von einem bunt gemischten Chor starker Simmen unterhalten lassen. Als Rahmenprogramm gibt es, wie schon gute Tradition, in der hauseigenen Cinema Lounge eine Musikfilmreihe.
REINHOLD UNGER
Jazz-Sommer im Bayerischen Hof
vom 16. bis 20. Juli; Tickets
unter www.bayerischerhof.de.