UNSERE KURZKRITIKEN

Etwas andere Kunstgeschichte

von Redaktion

Manchmal weiß man erst zu schätzen, was man hat, wenn es nicht mehr da ist. Von dieser bitteren Wahrheit geleitet erzählt der Satiriker und Illustrator Hans Traxler – einer der fünf Zeichner der „Neuen Frankfurter Schule“ – diese etwas andere Kunstgeschichte. Er hat’s ja selbst erlebt: Vor einigen Jahren breiteten sich Motten in seinem Haus aus, die sich irgendwann sogar über eines seiner geliebten Werke des Malers Fritz Wucherer (1873-1948) hermachten. Inspiriert von diesem Mottenfraß lässt Traxler in „Wie die Kunst verschwand“ eine Invasion abertausender übergroßer Motten von der Côte d‘Azur aus über die Welt einfallen. Die gierigen Tiere haben es allein auf Kunstwerke abgesehen. Zerstören in rasender Geschwindigkeit alles aus 5000 Jahren Weltmalerei. Doch wie ist die überhaupt entstanden? Mit leichter Hand und spitzer Feder segelt Traxler mit seinen Leserinnen und Lesern einmal durch die Kunstgeschichte. Von Impressionismus über Dadaismus, Bauhaus und Pop-Art bis Fluxus und Zahnarztpraxiskunst. Amüsiert sich en passant über den Kulturbetrieb, politische Korrektheit und absurde Preisverleihungen. Und macht mit dieser kurzweiligen Horrorvision einer kunstfreien Welt Lust, sich an den Schätzen, die uns gottlob keine Motten weggefuttert haben, mal wieder bei Museums- und Galeriebesuchen zu erfreuen. Ein hübscher Geschenktipp für Kunstfreunde.
KJK

Hans Traxler:

„Wie die Malerei verschwand“.
Edition Tiamat, 96 Seiten; 26 Euro.


★★★★☆ Lesenswert

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