Operette mit Extrawürsten

von Redaktion

Die Pasinger Fabrik zeigt eine sehr gestreckte Fassung von „Die schöne Galathée“

Eine Traumfrau, die ziemlich nerven kann, ist Galathée (Sophie-Magdalena Reuter). Marcus Everding besorgte die Neufassung der Suppè-Operette. © ANNETTE HEMPFLING

Schwer ist sie, die leichte Muse. Handelt es sich bei der Operette doch fast immer um eine delikate Gratwanderung zwischen Nostalgie und dringend nötiger Aktualisierung. Dessen ist sich auch Regisseur Marcus Everding sehr wohl bewusst, der als Sommerproduktion der Pasinger Fabrik nun seine Version von Franz von Suppès „Die schöne Galathée“ vorstellt. Im liebevoll gestalteten Programmheft erklärt er ausführlich, dass die Autoren schon damals im Jahre 1865, trotz antikem Gewand, ihre Zeitgenossen auf den Arm nahmen. Folglich muss es also auch bei einer Neudeutung auf der Bühne „unser Heute sein, wenn wir herzhaft lachen wollen“.

Trotzdem, gelacht wird am Premierenabend vor allem in der ersten Hälfte noch nicht allzu viel, weil das Geschehen fast eine Stunde dahinmäandert, bis die marmorne Galathée endlich zum Leben erwacht und das Verwirrspiel um die Schöpfung Pygmalions beginnen kann. Und natürlich spart das Publikum nicht mit einer gewissen Schadenfreude, wenn die selbstgemeißelte Traumfrau sich so gar nicht dem Willen des Bildhauers unterordnen will. Insgesamt streckt Marcus Everding den ursprünglich knackig-kurzen Einakter auf knappe drei Stunden inklusive Pause. Angereichert mit viel selbst gedichtetem Füllmaterial, zusätzlichen Suppè-Ohrwürmern aus „Boccaccio“ oder „Fatinitza“ sowie zwei neu hinzuerfundenen Charakteren. So gibt es bei ihm etwa noch einen aufdringlichen Klatschreporter, der für eine Zeitung mit vier Buchstaben nach pikanten Skandälchen sucht. Und auch die im Original nur besungene Liebesgöttin Venus darf sich hier in Gestalt der mit kühler Strenge agierenden Magdalena Jura mehrfach aktiv in die dennoch allzu brav erzählte Geschichte einmischen.

Was hätte sein können, zeigt sich nach der Pause, wenn Maria Helgath als Sklave Ganymed ihren großen Auftritt hat. Sie ist zweifellos das energetische Zentrum der Aufführung und begeistert nicht nur mit ihrem frischen Mezzo und sicher platzierten Pointen. Für Schmunzeln sorgt auch der wunderbar skurrile Schlagabtausch mit einer Amazon-Alexa, die wie die Schöpfung des Meisters ein unerwartetes Eigenleben entwickelt. In diesem Moment gelingt Everding tatsächlich der so vollmundig versprochene Sprung ins Hier und Jetzt, den er nicht nur als Anreiz fürs jüngere Publikum gerne konsequenter hätte weiterverfolgen dürfen. So bleibt die amüsante Episode lediglich ein willkommener Kontrast zu den altbackenen Posen, in denen sich Luca Festner und Sophie-Magdalena Reuter mit Toga und Sandalen gewandet ihre Liebesschwüre entgegenschmachten. Routiniert begleitet von Dirigent Andreas P. Heinzmann am Pult des auf Kammerformat reduzierten Orchesters.

Gesungen wird insgesamt solide, gerade bei den Herren aber nicht immer ganz textverständlich, was den schnell dahinplappernden Couplets doch einiges an Spaß-Potenzial nimmt. Dies wird sich im Laufe der Spielserie aber hoffentlich ebenso einpendeln wie das komödiantische Timing, das am ersten Abend noch nicht immer ganz flutschen will. Und wer weiß, vielleicht finden sich in Pygmalions Pasinger Werkstatt ja noch Hammer und Meißel, mit denen man der Textfassung ein paar überflüssige Ecken und Kanten wegklopfen kann.
TOBIAS HELL

Vorstellungen

bis 18. August;
www.pasinger-fabrik.de/oper.

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