Tanz der Talente

von Redaktion

Émilie Lalande und Edouard Hue choreografieren fürs Staatsballett die „Sphären 02“

Edouard Hue wurde ebenfalls ausgewählt. © G. Batadon.

Émilie Lalande gestaltet einen Teil von „Sphären 02“. © privat

Es gehe „nicht nur um die erfüllte Beziehung, sondern auch um die konfliktbeladene“, sagt Émilie Lalande über „Le spectre de la rose“ (hier eine Probe). © Miljana Bernal

„Sphären 02“ titelt die Staatsballett-Premiere am kommenden Donnerstag – traditionell ein Tupfer Tanz im Rahmen der Opernfestspiele (bis 31. Juli). Uns erwartet ein dreiteiliger Abend, der in vergangenen Jahren schon mal schlicht mit „Junge Choreografen“ beworben wurde. Um den Nachwuchs geht es natürlich auch Staatsballettchef Laurent Hilaire. Wobei „Sphäre“ geradezu poetisch die Entdeckung neuer Talente beschwört. Nach „Sphären 01“ vergangenen Sommer gilt auch diesmal: arrivierter Choreograf, berufen als Kurator, empfiehlt zwei jüngere Kollegen seiner Wahl.

Heißt aktuell: Der international renommierte Franzose Angelin Preljocaj, dessen „Le Parc“ von 1997 im November hier Premiere hatte, wählte Émilie Lalande und Edouard Hue. Die zierliche Französin kreiert hier auf sehr persönliche Art „Le spectre de la rose“. Zur Erinnerung: „Der Geist der Rose“ hatte in Fokines Choreografie zu Carl Maria von Webers Klavierstück „Aufforderung zum Tanz“ (orchestriert von Hector Berlioz) schon 1911 Uraufführung durch die Ballets Russes de Diaghilew in Monte Carlo. Die Interpreten waren die Stars Tamara Karsawina und Vaslav Nijinsky. Gespannte Erwartung also bei Lalandes zeitgenössischer Version. Dazu kommt Edouard Hues „Skinny Hearts“ zu Musik von Jonathan Soucasse. „Dürre Herzen“ – seine acht Tänzerinnen werden das Rätsel dieses Titels lösen. Angelin Preljocajs „Un trait d’union“ (Bindestrich) von 1989 ist dann ein Männer-Duo zu Bach-Musik. Wir durften in die Proben reinschauen und erfahren vorweg, dass alle drei Stücke aus dem Corps de Ballet besetzt sind.

Ballettchef Hilaire, vertraut mit Preljocajs Stil – er hat „Un trait d’union“ selbst getanzt –, leitet die Probe: gelassen, konzentriert, mit der für den zuschauenden Gast spürbaren Erfahrung des ehemaligen „Etoile“-Solisten des Balletts der Pariser Oper. Er gibt Hinweise zum Tempo. Mahnt eine klar konturierte Linie der Bewegung an. Und dann, wenn der junge Interpret die akrobatische Figur quer über die Armlehnen des zentral aufgestellten Sessels nicht schafft, wird der Maître aktiv: Mit einem Schwung, bei blitzschneller Anspannung in der Körpermitte, gleitet er fast segelnd über die Lehnen hinweg. Dies nur ein Beispiel aus einer später in den Raum gehenden Choreografie, die zwischen Geschicklichkeit, Kräftemessen und menschlichen Beziehungen viele Deutungsmöglichkeiten zulässt.

Probenbesuch auch bei Edouard Hue. 2014 gründete er seine Compagnie mit Sitz in Genf und Annecy, hat bereits umfassende choreografische Erfahrung. Und ist ein wunderbar offener Mensch – so wie er mit seinen Tänzerinnen kommuniziert. Was er von ihnen verlangt, ist natürlich eher ungewohnt schwierig, verglichen mit den schon oft geprobten „Giselle“- und „Schwanensee“-Ensemble-Formationen. Hues Choreografie fordert von ihnen, ein Gefühl für den Raum zu entwickeln und gleichzeitig den Körper polyfunktional zu bewegen. Zum Beispiel beim Vorwärtsschreiten ständig lautlos zählen und dabei auch noch skurrile kleine Gesten ausführen. Hue spricht von „qualités paradoxales“, also scheinbar unvereinbaren Bewegungsarten, die die Körpersprache lebendig halten und optimal geeignet sind, Gefühle mitzuteilen. Auch hier große Neugier.

Émilie Lalande tanzte nach ihrer klassischen Ausbildung zunächst im Ballet de L’Europe, ab 2008 zehn Jahre in Preljocajs Compagnie in Aix en Provence. Zu ihrer Kreation sagt sie: „Mein Ziel war es, dieses Stück genau an der Kreuzung von Ballett und freiem Tanz zu entwerfen – als Hommage an die Klassik und zugleich an Angelin Preljocaj.“ Und ihr Partner Jean-Charles Joosni fügt an: „Wichtig ist uns, dass wir hier auch mal mit klassisch trainierten Tänzern arbeiten können.“ Und bleibt diese Uraufführung dicht an Théophile Gauthiers Gedicht „Le spectre de la rose“? „Inhaltlich“, so das Paar, „geht es hier um die Liebe. Aber nicht nur um die erfüllte Beziehung, sondern auch um die konfliktbeladene.“
MALVE GRADINGER

Premiere

am Donnerstag im Cuvilliéstheater, weitere Vorstellungen
am 20., 21. und 22. Juli;
Telefon 089/ 21 85 19 20.

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