Irgendwann sind sie alle dran, die Stars am Pult. Und Yannick Nézet-Séguin fehlte eben noch mit seiner Deutung der vier Brahms-Symphonien. Der Kanadier und Job-Sammler (Metropolitan Opera New York, Philadelphia Orchestra, Orchestre Métropolitain Montréal) hat sich dabei mit dem Chamber Orchestra of Europe zusammengetan. Ein wendiges, reaktionsstarkes, wieselflinkes Ensemble mit Offenheit der historischen Aufführungspraxis gegenüber. Für Nézet-Séguin eine Art Einladung zum Extremismus. Man höre nur gleich die Nummer eins: So ungebremst ist das Stück noch kaum an einem vorbeigebraust. Alles drin, alles dran und auf oft verblüffende Weise realisiert. Und doch ist da das Gefühl: Da führt einer ein Orchester vor, anstatt die Werke von innen heraus zu entwickeln. Das hat nicht nur etwas mit Tempo und Virtuosität zu tun, sondern mit dem Sensorium für Tiefenschichten. Leider eine kleine Themaverfehlung.
TH
Brahms:
Symphonien. Chamber Orchestra of Europe,
Yannick Nézet-Séguin (Deutsche Grammophon).
★★★☆☆ Annehmbar