UNSERE KURZKRITIKEN

Kühler Blick aufs Leben

von Redaktion

Zu Beginn ihrer „Paris-Trilogie“ erwähnt Colombe Schneck Annie Ernaux als ihr Vorbild. So wie die französische Nobelpreisträgerin schreibt sie abgeklärt-kühl in einer Art Berichtsform über ihr eigenes Leben. Es gibt auch Parallelen in den Biografien. Beide erlebten in jungen Jahren eine Abtreibung. Doch während bei der knapp 30 Jahre älteren Ernaux die Abtreibung noch eine klammheimlich vollzogene, beschämende Erfahrung war, „erledigt“ sie die 17-jährige Colombe 1983 wie nebenbei, im Einverständnis mit den Eltern und dem Gesetz. Nicht nur die Zeitumstände, auch das gesellschaftliche Milieu trennt die beiden Frauen. Ernaux rieb sich stets an ihrem provinziellen, proletarisch-kleinbürgerlichen Herkunftsmilieu, es wurde zur Triebkraft ihres Schreibens. Schneck dagegen entstammt dem Pariser Großbürgertum. Von ihren drei Geschichten ist die zweite die weitaus beste, da zeitlos berührend.
SP

Colombe Schneck:

„Paris-Trilogie“. Rowohlt, 208 Seiten; 24 Euro.


★★★☆☆ Annehmbar

Artikel 4 von 8