Recht hat er, der Musiker, der in einer Pause lapidar bemerkte, Wagners „Parsifal“ finde doch sowieso im Orchester statt. Ja, das tat er auch am Samstag im Münchner Nationaltheater, wo die Produktion aus dem Sommer 2018 nun als Festspielaufführung und heftig bejubelt über die Bühne ging.
Am Pult des Bayerischen Staatsorchesters stand der Wagner- und Bayreuth-erfahrene Adam Fischer, der das Bühnenweihfestspiel zunächst in getragenem Tempo mit weitbogigen Phrasen und mächtiger Blechpanzerung vor den Zuhörern aufbaute. Im zweiten Akt dann, in Klingsors Zaubergarten, beschleunigte er kräftig, ließ das Geschehen pulsieren und ummantelte doch Kundrys erweckenden Kuss mit großer Zartheit. Im dritten schließlich fing er zunächst die Ausgedörrtheit der Gralswelt spannungsvoll ein, bevor sich ein schimmernder Karfreitagszauber ausbreitete.
Das Staatsorchester war bei all dem ein hochkarätiger Partner, mit samtigem Streicherklang, intonationsstarkem Blech, Holz und Horn, was wundersame Momente schuf, und wuchtigen Gralsglocken. Exzellent aufgestellt, präsentierte sich ebenfalls der von Christoph Heil betreute Staatsopernchor. Und auch das Solistenensemble sorgte dafür, dass dieser „Parsifal“ als Ohren-Theater fesselte. Die uninspirierte, langweilige Inszenierung von Pierre Audi, die Georg Baselitz mit seinem Namen, weniger mit theatralischem Können „schmückte“, und die scheußlichen Kostüme von Florence von Gerkan taten es jedenfalls nicht.
Nina Stemme sang, wie schon in der Premiere, eine in Höhe wie Tiefe überzeugende Kundry, deren verführerischem Piano Parsifal fast erlag. Clay Hilley trotzte tapfer seiner unzumutbaren Kostümierung und durchpflügte mit klar fokussiertem, stählernem Tenor die Orchesterwogen völlig unangestrengt, überzeugte aber auch im Piano. Ihm wie Tareq Nazmi als stimmlich wohltönendem, ausdrucksstarkem Gurnemanz hätte eine helfende Regiehand gutgetan.
Als Amfortas bannte Gerald Finley mit seinem substanzreichen Bariton, seiner eindringlichen Gestaltung und Präsenz das Publikum und wurde hernach von Intendant Serge Dorny (in Vertretung des Kunstministers) zum Bayerischen Kammersänger ernannt.
GABRIELE LUSTER