Mehr als nur The Who

von Redaktion

Eine neue Sammlung der Solo-Konzerte von Pete Townshend

Seine „Windmühle“: Pete Townshend spielt Gitarre mit rotierendem Arm. © Bergen/dpa

Wenn er mit seiner Band The Who auf der Bühne steht, wird Pete Townshend für seine mitreißende Präsenz bejubelt. Seine „Windmühle“, das Gitarrenspiel mit rotierendem Arm, und das rituelle Zerschlagen von Instrumenten am Ende der Konzerte sind Kult. Nur selten stand er ohne seinen The-Who-Partner Roger Daltrey auf der Bühne, aber auch als Einzelkünstler blickt der 79-Jährige auf eine beachtliche Karriere zurück. Nun erscheint ein Boxset mit Konzerten aus allen Phasen seiner Solokarriere.

14 CDs enthält die Werkschau „Live in Concert 1985-2001“, die auch digital erhältlich ist. Live-Alben, die der britische Musiker ursprünglich nur in streng limitierter Form über seine eigene Website veröffentlicht hatte und die seit Jahren vergriffen waren, wurden dafür remastert. Er sei von dem Projekt überrascht worden, sagt Townshend. Seine Songrechte hatte er schon vor einiger Zeit an Universal verkauft. „Die haben darauf bestanden, auch all meine Online-Veröffentlichungen zu erwerben“, erzählt er. „Es ist eine unterhaltsame Sammlung, aber es gibt keinen zeitlichen Anlass dafür. Ich habe keine LiveAuftritte geplant.“

Immerhin bei den Begleittexten war der Gitarrenvirtuose involviert. In einem Buch, das dem Boxset beiliegt, überrascht Townshend mit einer Aussage: „Ich bin nie gerne aufgetreten. Nie. Ich habe nie einen einzigen Moment der Freude oder Erhebung dabei empfunden.“ Er wolle dem Publikum seine Musik vorstellen, er brauche die Konzerte aber nicht als Bestätigung.

Wie gut er im Performen ist, zeigt das Live-Boxset, das einige Juwelen enthält. Bei den zwei Konzerten in der Londoner Brixton Academy etwa wurde Townshend 1985 von seiner Supergroup Deep End begleitet, der unter anderen Pink-Floyd-Gitarrist David Gilmour angehörte. Heute kaum zu glauben: Die Karten verkauften sich schlecht, ein drittes Konzert wurde sogar abgesagt. Die Konzerte des Boxsets enthalten neben vielen The-Who-Songs mitreißende Versionen von Klassikern aus Townshends Solokarriere, Coverversionen und eine Live-Performance seines Albums „Psychoderelict“.

1982 lösten sich The Who zeitweise auf. Hauptberuflich wäre eine Solokarriere jedoch nie infrage gekommen, betont Townshend. Als Sänger habe er sich immer wohler gefühlt, wenn Daltrey neben ihm stand. Für eine Solo-Tour – er absolvierte nur eine einzige – fehle ihm die physische Ausdauer. Ob er noch einmal mit The Who auf Tournee gehen wird, lässt er offen. „Ich habe keine Fristen, keinen Vertrag, ich brauche kein Feedback“, sagt er. „Ich spiele, es macht Freude, und ich habe das Glück, dass ich Geld verdiene. Ich habe aufgehört, kommerziell Musik zu machen, als ich Anfang 30 war.“
PHILIP DETHLEFS

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