NACHTKRITIK

Geduldsspiel

von Redaktion

„Tristan und Isolde“

Imponierendes bis problematisches Bild: Durch den Müll ihrer Erinnerungen bewegen sich Tristan und Isolde im zweiten Akt. © Enrico Nawrath

Es gibt ein verhängnisvolles Elixier. Nur ist das hier kein Liebes-, sondern ein Todestrank, den der Titelheld am Ende des zweiten Aufzugs schluckt. Ein Suizid auf Raten, so denkt sich Regisseur Thorleifur Örn Arnasson „Tristan und Isolde“. Gestern Abend war Premiere bei den Bayreuther Festspielen. Man erlebt Figuren, die psychologisch kaum geformt sind. Und eine aufwendige bis imposante Szenerie, die signalisiert: Das hohe Paar ist ein Opfer seiner Vorgeschichte. Das geht so weit, dass Tristan und Isolde in einer Art riesigem Unterdeck den Zitaten und sonstigen Versatzstücken ihrer Vergangenheit begegnen. Das müllt ein bisschen, ist auch szenisch wenig fokussiert und nicht optimal ausgeleuchtet. Gleichwohl: Man bleibt irgendwie dran.

Camilla Nylund singt bis zur zweiten Pause eine sehr lyrisch erfüllte Isolde, Andreas Schager einen wetterfesten Tristan, Günther Groissböck muss für seinen belegten Marke auch Buhs hinnehmen. Dirigent Semyon Bychkov entdeckt mit dem Festspielorchester Wundersames, steht aber gern zu sehr auf der Bremse und vergisst zuweilen, dass es sich auch um ein Konversationsstück handelt. Dieser „Tristan“ ist daher zumindest bis zur zweiten Pause auch ein Geduldsspiel. Ausführliche Kritik folgt morgen.
MARKUS THIEL

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