Taylor macht München verrückt

von Redaktion

Swift und ihre Fans feiern im Olympiastadion

Eines von 16 Outfits, in denen Taylor Swift während der 45 Songs in München zu erleben ist. © Lennart Preiss/dpa

„Servus, schön Euch zu sehen“, ruft Taylor Swift am Samstag auf Deutsch, als sie ihr erstes Konzert im Olympiastadion mit „Miss Americana & The Heartbreak Prince“ eröffnet. © Florian Vit

Die Vorbereitungen begannen schon vor einem Jahr. Greta und ihre Mama haben Perlen und Buchstaben für unzählige Freundschaftsarmbänder aufgefädelt. „Allein im Urlaub haben wir fast 30 Bänder geschafft“, erzählt Greta nicht ohne Stolz, während die beiden in der Schlange am Fanartikelstand warten. Die Mutter begann im Herbst, alle Texte auswendig zu lernen, die Setlist der „The Eras Tour“ stand fest. „Dachten wir zumindest. Dann kam das neue Album raus, und ich musste schnell die neuen Texte lernen“, sagt sie und lacht. Was tut man nicht alles für einen Abend mit Taylor Swift (siehe Artikel unten)?

Für die „Swifties“ ist dieses Wochenende der Höhepunkt des Jahres: Die 34-jährige Sängerin und Songwriterin spielt zwei Konzerte in München, beide ausverkauft, natürlich. 74 000 Fans im Olympiastadion, rund 25 000 auf dem Olympiaberg und noch mal 15 000 im Olympiapark sind am Samstagabend gekommen, um die laut „Forbes“ kommerziell erfolgreichste Tournee aller Zeiten zu sehen oder zumindest zu hören. Sie alle haben Texte auswendig gelernt, Armbänder gebastelt, Glitzersteine auf ihre Gesichter geklebt. Herzen aus buntem Papier für das Lied „Lover“ vorbereitet, bunte Luftballons verteilt.

Kein Wunder, dass das Stadion schon funkelt, bevor Taylor Swift um 19.30 Uhr in Glitzerbody und kniehohen weißen Glitzerstiefeln die Bühne betritt. Die Abendsonne scheint am Ende dieses heißen Sommertages auf die Gegengerade, und tausende Pailletten-Outfits glitzern in ihrem warmen Licht. Golden und silbern und in allen Farben des Regenbogens schimmern sie auf den Rängen.

„Servus, schön, Euch zu sehen“, ruft die Blondine auf Deutsch, als sie den MusikMarathon mit „Miss Americana & The Heartbreak Prince“ eröffnet. „Willkommen zur Eras Tour!“ Das Kreischen, das sie als Antwort erhält, ist ohrenbetäubend. Taylor Swift hat sich viel vorgenommen mit dieser Welttournee, die sie erstmals auch nach München führt. „Wir können uns darauf einigen, dass ich schon viel früher hätte hierherkommen müssen“, sagt sie. Was auch immer Swift an diesem Abend sagt oder tut, es folgt: Jubel.

Eigentlich, könnte man meinen, müsste der Auftritt durch den Konzertfilm bereits ein bisschen entzaubert sein. Swift führt durch zehn ihrer insgesamt elf Alben. Zehn Alben, zehn Ären oder „Eras“, 45 Songs, insgesamt 16 Outfits. Dazu wunderschöne Bühnenbilder auf der überdimensionalen Leinwand. Aber dann sind da ja noch die „Swifties“ und die Chemie zwischen ihnen und ihrem Idol. Die Fans sind unverzichtbarer Teil der fast dreieinhalbstündigen Show, die auch wegen der vielen Rituale so besonders ist. Die Anleitung zu den „Chants“ finden Interessierte im Internet: Bei bestimmten Versen einzelner Lieder singen die Fans besonders laut mit, klatschen im richtigen Moment, halten ihre bunten Papierherzen in die Luft.

Ob es die Bridge von „Cruel Summer“ ist oder sich zu „Fearless“ zehntausende zu Herzen geformte Hände in den Münchner Abendhimmel erheben: Jede und jeder kennt den Einsatz. Das Durchhaltevermögen dieser Fans ist erstaunlich. Das bemerkt auch Taylor Swift, die nicht nur die „Swifties“ im Stadion begrüßt, sondern ausdrücklich auch alle, die es sich im Olympiapark bequem gemacht haben. Nachdem sie „Champagne Problems“ am moosbeklebten Klavier gespielt hat und minutenlanger Applaus das Stadion beben lässt, nimmt sie kurz die Kopfhörer aus den Ohren. Und schaut sich ehrlich erstaunt und ergriffen um.

Es sind Momente wie dieser, die aus einem sehr ästhetischen, aber auch vorhersehbaren Auftritt ein Konzerterlebnis machen. Wenn sie einem Mädchen in der ersten Reihe ihren schwarzen Hut aus der „Red“-Ära schenkt im Tausch gegen ein Freundschaftsarmband. Wenn sie sich bei den beiden Überraschungssongs – am Samstag ein Mash-up aus „Fresh out the Slammer“ und „You are in love“ an der Gitarre sowie „Ivy“ und „Call it what you want“ am Klavier – kurz verhaspelt und sich selbstironisch ermahnt.

Taylor Swifts Auftritt in München ist eine detailverliebte, aus jeder Perspektive perfekte Show. Aber vor allem ist er ein Fest der Fans, voller Freundlichkeit und Diversität, ein buntes und schön inszeniertes Spektakel, das laut der Münchner Polizei friedlich und mit nur 180 Einsätzen beinahe störungsfrei verlaufen ist. Ein Fest, für das die „Swifties“ alles getan haben.
KATHRIN BRACK

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