Bereit für den Dialog

von Redaktion

Ottavio Dantone über seinen Einstand als Leiter der Innsbrucker Festwochen der Alten Musik

Ottavio Dantone konzipiert die Festwochen. © Giulia Papetti

Originalklangspezialisten: Ottavio Dantone leitet seit 1996 die Accademia Bizantina. © Giulia Papetti

Die musikalische Leitung eines renommierten Festivals zu übernehmen, ist immer eine Gratwanderung. Einerseits werden neue Impulse erwartet, doch gleichzeitig will eine etablierte Marke auch gepflegt werden. Dessen ist sich auch Ottavio Dantone sehr wohl bewusst, der diesen Sommer bei den Innsbrucker Festwochen der Alten Musik seinen Einstand feiert. Als erste große Premiere steht für Dantone hier morgen Abend die Wiederentdeckung von Geminiano Giacomellis „Cesare“ auf dem Programm.

Wenn der Italiener zwischen den Endproben immer wieder von einem „Dialog zwischen der Vergangenheit und dem Heute“ spricht, bezieht er sich damit nicht nur auf die lange Tradition des Festivals. Er formuliert damit gleichzeitig das Credo seiner künstlerischen Arbeit. Gemeinsam mit den Originalklangspezialisten der Accademia Bizantina, die er seit 1996 leitet, geht es ihm nicht nur um eine philologisch korrekte, sondern vor allem um eine lebendige Art des Musizierens. „Barockmusik darf nicht nur als etwas Historisches betrachtet werden, sondern muss sich im Moment der Aufführung ebenso ehrlich wie zeitgemäß anfühlen.“ Dies soll man in Innsbruck nicht nur in den großen Premieren im Landestheater oder bei den Abenden im Haus der Musik spüren. Auch die Stadt selbst wird weiterhin an unterschiedlichen Orten mit einer Reihe von Gratis-Konzerten bespielt.

Begeistert erzählt Ottavio Dantone aber auch von einer öffentlichen Probe zu „Cesare“, die dem Innsbrucker Publikum interessante Einblicke gewährte. „Für die Leute war es spannend zu sehen, dass sich in einer Partitur des 17. Jahrhunderts fast keine Spielanweisungen finden. Man muss sich im Stil der Zeit genau auskennen, damit aus den Noten Musik wird. Das wollte ich dem Publikum zeigen. Wie man als Kollektiv zusammenarbeitet, um gemeinsam eine Interpretation zu entwickeln.“ Dass er für solche Gesprächsformate und Werkstattkonzerte ebenso zur Verfügung steht wie für die großen Gala-Abende, ist für den 63-Jährigen selbstverständlich. „Wir geben dem Publikum damit Einblicke ins Musikerleben und können seine Fragen beantworten. Schließlich sind die Menschen, die zu uns kommen, nicht einfach nur Zuhörer. Sie beeinflussen auch uns. Musik ist im Idealfall immer ein Dialog mit dem Publikum.“

Dantone zeigt sich hier als nahbarer Künstler und wird in der neu ins Leben gerufenen Reihe „Ottavio plus“ künftig ebenfalls als Kammermusiker in Erscheinung treten. Zuvor gilt die Aufmerksamkeit aber zunächst Giacomellis „Cesare in Egitto“, der heute eher im Schatten von Händels gleichnamiger Oper steht. Vergleiche will Dantone trotzdem nur ungern anstellen. Zumal auch Händel den Kollegen aus Piacenza schätzte und sogar einige Arien für ein Londoner Opern-Pasticcio ausborgte. „Händel hat sich in Italien viel Inspiration geholt, aber bei Giacomelli haben wir den puren italienischen Stil. Er hatte ein gutes dramaturgisches Gespür, durch das sich die Figurenkonstellationen deutlich verschieben. Gerade den Titelhelden lernen wir hier von einer ganz anderen Seite kennen. Für mich ist es ein absolutes Meisterwerk, das Händel in nichts nachsteht.“ Und so verspricht Dantone, dass es mit ihm in den kommenden Jahren noch vieles mehr zu entdecken geben wird.
TOBIAS HELL

Weitere Informationen

gibt es online unter
www.altemusik.at.

Artikel 8 von 11