Zurück in die eigene Vergangenheit (v. li.): Billy Corgan, Jimmy Chamberlin und James Iha. © Daniel Deslover/dpa
Die Nachricht hat vor zwei Wochen für eine Überraschung gesorgt: The Smashing Pumpkins veröffentlichen ein neues Studioalbum. Keine Single, kein Vorab-Stream für die Medien und das Album gibt es zunächst nur digital – so die kargen Informationen vorab. Bestes Futter für Spekulationen also. Vor allem ein Gedanke drängte sich auf: Ist das Album gar so schlecht, dass es Journalisten vorab nicht hören sollen, um es nicht schon vor der Veröffentlichung verreißen zu können?
Immerhin war klar, dass das 13. Studioalbum „Aghori Mhori Mei“ heißen wird. Frontmann Billy Corgan kündigte zudem an, dass die Band an frühes Material anknüpfen wird – das Werk soll rockiger sein als Vorgänger „Atum“. Der 57-Jährige brachte in diesem Zusammenhang schon „Siamese Dream“ ins Spiel, die Produktion, mit der die Gruppe aus Chicago vor gut 30 Jahren den kommerziellen Durchbruch feierte. Songs wie „Today“, „Cherub Rock“ oder „Disarm“ katapultierten sie 1993 in den Mainstream. Damals wurden die Smashing Pumpkins mit ihrer eigenwilligen Mischung aus Alternative Rock, Grunge und träumerischem, düsterem Pop zu einer der bedeutendsten Bands der Dekade. Ihre Musik zeichnete sich durch dichte Gitarren, komplexe Arrangements und eindringliche Melodien aus. Und natürlich durch den markanten, nasalen Gesang von Corgan.
Kern der Pumpkins sind neben dem Sänger und Gitarristen heute zwei weitere Gründungsmitglieder, Gitarrist James Iha und Schlagzeuger Jimmy Chamberlin. Beide hatten die Band zwischenzeitlich verlassen und kehrten später zurück. Zusammen mit der Bassistin D’arcy Wretzky spielte diese Besetzung das 1991 veröffentlichte Debütalbum „Gish“ ein, dem maßgeblicher Einfluss auf die Grunge-Bewegung zugeschrieben wird.
Womit wir wieder beim Thema wären, denn „Aghori Mhori Mei“ darf durchaus als gelungener Schritt zurück gelten. Der Sound ist glasklar, die meisten Songs kommen ohne pompöses Beiwerk aus, Corgans Stimme klingt gut, der Aufbau des Albums ist schlüssig und doch stellt sich schnell ein Gefühl der Sättigung ein.
Denn was Billy Corgan auf seiner Reise in die frühen Neunziger übersehen hat, ist der Lauf der Zeit. Ein Lebensgefühl, das vor über 30 Jahren drängend und akut war und welches die Smashing Pumpkins auf ihrem ersten Album so kongenial eingefangen haben, lässt sich eben nicht mal so reproduzieren: Corgan geht auf die 60 zu, ganze Generationen von Rockmusikern haben seitdem den Sound – und damit auch die Hörgewohnheiten des Publikums – verändert. Das sind allerdings keine Argumente gegen ein gutes Rockalbum wie „Aghori Mhori Mei“. Dennoch: Es bleibt das Gefühl eines zugegebenermaßen meisterhaften Pastiche des eigenen Frühwerks.
PHILIP DETHLEFS
Smashing Pumpkins:
„Aghori Mhori Mei“
(Martha‘s Music-Thirty Tigers).