Leni Müller lebt einen monotonen, in all seiner Bescheidenheit wohltemperierten Alltag im Schatten ihres erfolgreichen Ehemannes. Doch ihr Friede ist Verdrängung, ihre Ruhe Kompensation, ihre Realität nur eine Vorstellung von Wirklichkeit. Mit dem Erscheinen Kommissar Zieglers kommen Zweifel auf, Liebe entlarvt sich als Lüge und hinterm vermeintlichen Paradies offenbart sich eine wahre Hölle … Was verschweigt Inès Bayard dem Lesenden? Die preisgekrönte französische Autorin, deren Wahlheimat Berlin ist, erschafft in „Steglitz“ das spannend beklemmende Szenario einer erträumten Existenz. Ein surrealer Roman, erzählt mit Lust an der spröden Sperrigkeit von Worten und einer kafkaesk anmutenden Poesie der Aussichtslosigkeit. Durch die Unvorhersehbarkeit der Wendungen wird klar, dass das Leben in seiner Verworrenheit deutlich mehr Fragen aufwirft, als es zu klären vermag.
TEG
Inès Bayard:
„Steglitz“. Zsolnay, 192 Seiten; 22 Euro.
★★★★☆ Lesenswert