Zwei Jahre ist es her, da verblüffte Stéphane Fuget mit einer ungewöhnlichen Monteverdi-Deutung. Den „Ulisse“, obwohl „nur“ eine CD-Produktion, pumpte er theatralisch so auf, als sei‘s ein Hörspiel. Sprechen und Singen durchdrangen sich, Instrumentalisten gestatteten sich Extravaganzen. Jetzt, bei „L‘Orfeo“, ist es ähnlich. Und was Les Épopées noch unterscheidet von anderen Alte-Musik-Ensembles: das sinnliche, farbpralle, üppige Musizieren, auch die manchmal ungewohnt langsamen Tempi. Fuget und seine Mitstreiter lassen sich eben Zeit, um die Kostbarkeiten der Partitur auszubreiten. Das klingt nach Lust, nicht nach musikhistorischem Seminar. Wobei immer die Gefahr besteht, emotionale Grenzen zu überschreiten – wenn sich Effekt also vors Stilbewusstsein schiebt. Bei Julian Prégardien in der Titelrolle passiert das manchmal. Als Orfeo durchmisst er ein breites Ausdrucksspektrum und driftet dabei manchmal ins Selbstverliebte. Trotzdem ein apartes Hör-Erlebnis.
TH
Monteverdi:
„L‘Orfeo“. Les Épopées, Stéphane Fuget (CVS).
★★★★☆ Hörenswert