Das Cover des Albums.
„Ein bisschen nostalgisch, mit viel Spaß, und vor allem 100 Prozent Anna“ sei ihre Musik, sagt Anna Ermakova in unserem Gespräch zu ihrem Debütalbum. © Marcel Brell
Eine Begegnung auf Münchens vielleicht schönster Dachterrasse. Das Blue Spa im Hotel Bayerischer Hof, spektakulärer Blick auf die Frauenkirche. Anna Ermakova ist hellauf begeistert – nicht nur, weil sie in London Kunstgeschichte studiert und mit dem Bachelor abgeschlossen hat. Außerdem ist die 24-Jährige Model, Tänzerin und jetzt auch Sängerin. Beim Interview zu ihrer ersten LP „Behind Blue Eyes (The Movie Album)“ spricht Anna Ermakova bemerkenswert kenntnisreich über ihre Leidenschaft für Musik. Worüber nicht gesprochen werden soll, ist ihre knifflige Familiengeschichte und ihr berühmter Vater Boris Becker. Darüber wacht Mutter Angela Ermakova, die ruhig und freundlich mit am Tisch sitzt. Wobei ihre springlebendige Tochter nicht den Eindruck macht, als könnte sie sich nicht selbst gegen unerwünschte Fragen wehren.
Hallo, Anna, Glückwunsch zur Veröffentlichung Ihres Albums.
Danke. Oh mein Gott, Sie tragen ein T-Shirt von Fleetwood-Mac-Sängerin Stevie Nicks. Ich liebe Stevie. „Rhiannon“, „Dreams“, „Gypsy“ – das sind fantastische Songs.
Und ob. Aber Sie sind 2000 geboren, was verbindet Sie mit dieser Musik aus den Siebzigern und Achtzigern?
Da wundern sich immer alle. Aber ich bin mit diesen Sachen aufgewachsen. Ich hatte meine Janis-Joplin-Phase, meine Doors-Phase, und zwischendurch war Grunge dran. Ich bin wahrscheinlich ein echter Musik-Nerd. Für mich ist Musik eine Art geschützter Raum. Wenn ich die Kopfhörer aufsetze, bin ich zu Hause – egal, wo ich mich gerade aufhalte.
Die Leute kennen Sie, seit Sie klein waren – oder sie glauben zumindest, Sie zu kennen. War es da keine Option für Sie, ein ganz normales, anonymes Leben vielleicht als Kunstgeschichtlerin zu leben?
Klar war das eine Möglichkeit. Ich war happy, Kunstgeschichte an der Universität zu studieren, ganz normal und anonym. Auf der anderen Seite liebe ich es, zu singen, zu tanzen und aufzutreten – und dazu gehört es nun mal, im Rampenlicht zu stehen. Es kann für mich schwierig sein. Aber ich glaube, dass ich eine positive Botschaft habe. Und es ist das beste Gefühl, sie mit so vielen Menschen zu teilen.
2023 haben Sie „Let’s Dance“ gewonnen.
Das war eine der verrücktesten, überwältigendsten Erfahrungen, die ich je gemacht habe. Am Anfang war es einschüchternd, plötzlich von Millionen von Menschen beurteilt zu werden. Aber je mehr ich tanzte und mich öffnete, desto freundlicher waren die Reaktionen, desto mehr Unterstützung habe ich bekommen. Das Publikum hat mich quasi in die Arme genommen. Ich bin sehr froh, dass ich das erleben durfte.
Und jetzt lernen die Leute Sie als Sängerin kennen.
Das war eine lustige Geschichte. Ich sollte beim Deutschen Fernsehpreis einen Award präsentieren. Und sie wollten, dass ich tanze. Ich meinte, okay, aber ich würde auch gerne mal singen, lässt sich da was machen? Und dann haben sie mir Christian Geller vorgestellt, der sich dort um die Musik gekümmert hat. Er ist heute mein Produzent.
Ihn kennt man vor allem als umtriebigen Schlager-Schöpfer. Da klingt Ihre Platte doch ein bisschen anders.
Ich wusste ehrlich gesagt gar nicht, was Schlager ist. Den haben wir in London nicht. Deshalb wäre das für mein erstes Album auch kein glaubwürdiger Anna-Sound gewesen. Ich muss aber sagen, nachdem ich die Shows mit Florian Silbereisen erlebt habe, mag ich die positiven Vibes im Schlager sehr. Und wir haben natürlich genau darüber gesprochen, wie ich mir meine Musik vorstelle, wie ich authentisch klingen will.
Also sehr elektronisch, manchmal auch düster. Auf der Platte singen Sie Hits wie „Sweet Dreams“ oder „Enjoy the Silence“. Aber es ist auch Liebhaber- Musik drauf wie „Son of a Preacher Man“ von Dusty Springfield oder „Love her madly“ von den Doors und ungewöhnliche Stücke wie „Blue Monday“ von New Order. Wer hat die Songs ausgesucht?
Die Auswahl ist komplett von mir. Wir hätten das bestimmt, ich sag mal, kommerzieller machen können. Aber es sollte der Soundtrack meines Lebens sein: ein bisschen nostalgisch, mit viel Spaß, und vor allem 100 Prozent Anna.
Warum der Untertitel „The Movie Album“? Die meisten der Songs würde man nicht unbedingt mit Filmen in Zusammenhang bringen.
Das hat mit einer anderen meiner Leidenschaften zu tun, mit Streaming-Serien und Filmen. Ich wollte nicht all die klassische Filmmusik auf dem Album haben, sondern diese älteren, nostalgischen Songs, die mir so viel bedeuten. Viele der Stücke sind in den vergangenen Jahren unter anderem bei Netflix aufgetaucht, zum Beispiel „Enjoy the Silence“ in der Serie „Halston“ oder „Something stupid“ in „The many Saints of Newark“. Also haben wir versucht, das zu verbinden.
Nächster Schritt wären eigene Songs. Schreiben Sie selbst, spielen Sie ein Instrument?
Ja, ich spiele Klavier und habe auch Geige gelernt. Und ich denke schon, dass ich eigene Songs schreiben und aufnehmen werde. Aber da gibt man mit den Texten noch mehr von sich preis, da öffnet man seine Seele. Dafür brauche ich noch ein bisschen Zeit.
Womit überraschen Sie Ihre Fans als Nächstes? Sie malen ja auch.
Nach der Aufnahme der Platte habe ich damit wieder angefangen. Aber wir werden sehen. Es wäre ja keine Überraschung mehr, wenn ich jetzt schon alles verrate.
Die Aussicht auf die Frauenkirche ist fantastisch. Was verbinden Sie mit München?
Als Kind war ich hier auf den Weihnachtsmärkten, das war so magisch. Und es gibt all diese wundervolle Architektur hier, wie die Michaelskirche. Diese Bauwerke strahlen so viel Energie aus. München ist eine ganz besondere Stadt für mich – ich freue mich jedes Mal von Neuem, zurückzukommen.