„Dem Tod frech ins Gesicht gespuckt“: Die Wiener Autorin Lilli Polansky hat ihren Debütroman vorgelegt. © Teresa NOVOTNY
Lilli ist erschöpft, unendlich müde. Doch Zeit, dieser Müdigkeit nachzugeben, bleibt ihr nicht. Sie muss lernen, büffeln für die Schule, für Mathe, um das Abitur zu schaffen. Dafür muss sie härter arbeiten als die anderen, denn sie kämpft nicht nur mit Dyskalkulie, sondern auch die anderen Baustellen in ihrem Leben machen ihr zu schaffen. Die Trennung ihrer Eltern, zerbrechende Freundschaften und Ausgrenzung in der Schule lasten auf ihr.
Schon immer fühlt sie sich als Außenseiterin – nie die Beliebte, nie die, die im Sportunterricht als Erste gewählt wird. Stattdessen die mit der dicken Brille und der Vorliebe für Bücher. Ihr ohnehin schon herausforderndes Leben wird endgültig aus der Bahn geworfen, als sie die Ursache für ihre ständige Erschöpfung und die Schwindelanfälle erfährt: Sie braucht einen Herzschrittmacher. Mit gerade einmal 20 Jahren ist ihr Herz nicht stark genug.
In ihrem Debütroman „Gratulieren müsst ihr mir nicht“ erzählt die 2001 in Wien geborene Lilli Polansky auf mehr als 200 Seiten ihre Geschichte. Krankenhausaufenthalte, Sorgen und Schmerzen bestimmen den Alltag der jungen Frau, der eigentlich ganz anders aussehen sollte: Die Schule geschafft, das Leben vor sich, unendliche Möglichkeiten. Nicht für Lilli. Zu allem Überfluss beendet ihr Freund kurz vor der anstehenden Herz-OP ihre Beziehung – mit doppelt gebrochenem Herzen versucht die junge Frau, ihren Weg zu gehen.
„Gratulieren müsst ihr mir nicht“ handelt von den Herausforderungen eines jungen Lebens – von Liebeskummer, der Suche nach sich selbst und dem Finden eines Platzes in der Welt. Allerdings inklusive einer Herausforderung, mit der man als so junger Mensch noch nicht konfrontiert sein sollte: Dass man dem Tod schon einmal von der Schippe gesprungen ist, eigentlich zweimal – oder wie Lilli Polansky es formuliert: „Dem Tod frech ins Gesicht gespuckt“ hat. Am Ende kann man nicht anders, als die Protagonistin – und die Autorin – für ihren Kampf uneingeschränkt zu bewundern.
LEONI BILLINA
Lilli Polansky:
„Gratulieren müsst ihr mir nicht“. Schöffling, Frankfurt am Main, 272 Seiten; 22 Euro.