Nach seinem Rauswurf wegen Watschn startet Sir John Eliot Gardiner mit neuen Ensembles. © Gert Mothes
Es ist eine in der Musikwelt einmalige Kampfansage: Sir John Eliot Gardiner hat zwei neue Ensembles gegründet, The Constellation Choir and Orchestra. Mit denen will er nicht nur auf Tournee gehen, in den nächsten Monaten tritt er damit sogar gegen seine früheren Ensembles an, den Monteverdi Choir und die English Baroque Soloists. Letztere hatten sich von Gardiner getrennt, da er vor einigen Monaten einen Chorsänger hinter der Bühne geohrfeigt hatte. Wie mehrfach berichtet, hatte sich Gardiner entschuldigt und angekündigt, sich einer Therapie zu unterziehen.
Ursprünglich wollte er in diesem Herbst sein Comeback beim Monteverdi Choir und den English Baroque Soloists geben. Geplant war eine Europa-Tournee unter anderem mit Konzerten in Mailand, Hamburg und London. Auf dem Programm: zwei Bach-Kantaten und eine Messe von Charpentier. Nach der Trennung von Gardiner engagierten beide Ensembles Christophe Rousset als Ersatzdirigenten. Genau mit demselben Programm will nun Gardiner auftreten und seine neuen Ensembles vorstellen. Ein Comeback mit Knalleffekt.
„Es ist ein einzigartiges neues Projekt, ein lebendiges Kollektiv aus Musikensembles, Künstlern und Kreativen“, teilte der 81-Jährige mit. „Den Kern bilden The Constellation Orchestra und The Constellation Choir, die ambitionierte, multidisziplinäre Konzertprojekte realisieren und weltweit auf Tournee gehen werden. Ich bin sehr aufgeregt und dankbar, dass ich wieder mit so außergewöhnlichen Musikern zusammenarbeiten kann – ohne die wichtigen Lektionen zu vergessen, die ich im vergangenen Jahr gelernt habe und lernen musste.“ In der Hamburger Elbphilharmonie kommt es damit zu einem Fernduell: Am 7. Dezember tritt Gardiner auf, am 14. Dezember Rousset.
Dabei könnte es durchaus sein, dass Gardiner Sängerinnen und Sänger sowie Instrumentalisten von seinen alten Ensembles abgeworben hat. Traditionell sind Alte-Musik-Formationen keine festen Chöre und Orchester, sondern werden projektweise zusammengestellt. Wenn man so will, hat Gardiner damit ein Schisma in der britischen Barockszene provoziert.
MARKUS THIEL