Seine Stimme fehlt

von Redaktion

Trauer um den Wittenberger Theologen Friedrich Schorlemmer

Erhob ein Leben lang seine Stimme für Demokratie und gegen Fremdenhass: Friedrich Schorlemmer (1944-2024). © dpa

Er gehörte zu den schärfsten Regimekritikern in der DDR. Im Herbst 1989 war er dann eine der prominentesten Symbolfiguren der friedlichen Revolution. Der Wittenberger Theologe Friedrich Schorlemmer ist am Sonntag im Alter von 80 Jahren gestorben, wie der ehemalige sachsen-anhaltische Kultusminister Stephan Dorgerloh nun sagte, der früher eng mit Schorlemmer zusammengearbeitet hat.

Mindestens zweimal schrieb Schorlemmer Geschichte. Bei einer Massendemonstration am 4. November 1989 auf dem Berliner Alexanderplatz rief er zur Gewaltlosigkeit auf. Da hatte sein Wort Gewicht. Denn schon zu DDR-Zeiten stand er hinter einer spektakulären Aktion: Am 24. September 1983 schmiedete ein Schmied während des evangelischen DDR-Kirchentags in Wittenberg ein Schwert zu einer Pflugschar um. Damals war Schorlemmer Schloßkirchen-Prediger in der Lutherstadt und Mitorganisator der Schmiedeaktion. Der Slogan „Schwerter zu Pflugscharen“ – von der DDR-Führung geächtet – wurde zum Leitmotiv der christlich geprägten DDR-Friedensbewegung.

Daran erinnerte jetzt Sachsens stellvertretender Ministerpräsident Martin Dulig (SPD). Mit der Schmiedeaktion sei Schorlemmer international bekannt geworden. „Ich verbinde mit ihm mehr als nur einen klugen Sozialdemokraten aus Wittenberg, sondern auch den Theologen, der aktiv die friedliche Revolution 1989 gestaltet hat. Schorlemmer war stets ein kluger Ratgeber – dessen Inspirationen gerade in diesen politisch-aufwühlenden Zeiten uns allen fehlen werden.“

Schorlemmer wurde am 16. Mai 1944 in Wittenberge (Brandenburg) geboren. In der DDR war er Repressalien ausgesetzt – durfte kein Abitur machen und holte es an der Abendschule nach. Schließlich studierte er Theologie an der Uni Halle. Mit friedlichen Protesten und gewaltlosem Widerstand, etwa beim Einmarsch der Sowjettruppen in die Tschechoslowakei, geriet er in das Visier der Staatssicherheit.

Auch im Ruhestand ließ der Autor zahlreicher Bücher nicht nach, seine Stimme für Demokratie zu erheben. Im Rückblick sagte er einmal: „Mein Leben war in Vielem nicht leicht, aber es war reich“.
GITTA KEIL

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