NACHRUF

Caterina die Große

von Redaktion

Trauer um die große deutsch-italienische Entertainerin Valente

Komplett in Weiß: Caterina Valente mit Tänzern bei einem Auftritt in den Achtzigerjahren. © imago stock

Zwei der ganz Großen im Entertainment-Geschäft: Caterina Valente und Peter Alexander in Hamburg. © picture alliance/dpa

Lebensfreude pur: Caterina Valente bei einem Auftritt in Deutschland in den Siebzigerjahren. © imago stock

Vor 21 Jahren hat sich Caterina Valente von der Bühne verabschiedet. Mehr als sechs Jahrzehnte hat sie auf der ganzen Welt Erfolge gefeiert als Sängerin und Entertainerin – das ist genug, findet sie 2003, zieht sich ins Privatleben zurück und macht es sich in der Schweiz bequem. So selbstbestimmt und konsequent ist sie immer schon gewesen, das ist ihr Erfolgsgeheimnis. Wie immens der Erfolg ist, den sie hat, ist vielen in Deutschland, die Valente als stets gut gelauntes Gesicht aus dem Fernsehen kennen, gar nicht richtig klar. Sie ist ein globaler Star, der ausdauernd und hart ackert, um sich zu halten in diesem gnadenlosen Geschäft.

Natürlich hat sie das nie groß thematisiert. Dass man arbeiten muss für sein Auskommen, ist in ihrer Generation der Normalzustand, zumal mit ihrem Familienhintergrund. Als Italienerin 1931 in Paris geboren, „Artistenfamilie in siebter Generation“, wie sie stolz betont, steht sie schon als kleines Kind vor Publikum. Geübt wird täglich, stundenlang. Wenn etwas nicht klappt, gibt es kein achtsames Lernfortschrittsgespräch, sondern einen Schlag auf den Hinterkopf.

Valente erlernt mehrere Instrumente, Gesang, Tanz und vor allem: Menschen becircen. Die Familie tritt auch während der Wirren des Zweiten Weltkriegs auf, nach Kriegsende beginnt Valente zaghaft eigene Wege zu beschreiten und steht Anfang der Fünfziger erstmals für professionelle Plattenaufnahmen im Studio. Ihre exzellente Stimme fällt auf, die attraktive Erscheinung und der exotische Name rufen sofort deutsche Plattenproduzenten auf den Plan. Im Wirtschaftswunderdeutschland hat man Sehnsucht nach Künstlern, die für große weite Welt stehen.

Valentes Leidenschaft ist der Jazz, ihr erster Hit „Ganz Paris träumt von der Liebe“ ist eine Version von Cole Porters „I love Paris“. Größeren Erfolg hat sie in Deutschland vor allem mit Schlagern, natürlich. Nicht wenige der Texte sind sogar für damalige Verhältnisse außerordentlich doof, Valente allerdings sieht das mit den Augen der Entertainerin: Die Lieder müssen zuerst und vor allem den Menschen gefallen, die die Platten kaufen, nicht dem Interpreten.

Trost findet sie darin, dass sie nicht nur in Deutschland Erfolge feiert, sondern im Wortsinn weltweit. Mehr als 1300 Lieder nimmt sie im Laufe ihrer Karriere auf – in einem Dutzend Sprachen. Bescheiden weist sie aber darauf hin, dass sie nur sechs dieser Sprachen fließend beherrsche.

Sie tritt in ganz Europa auf, in Japan und auch im Mekka des Entertainments, den USA. Zwischendrin schiebt sie Dreharbeiten für „musikalische Filmlustspiele“ in Deutschland, die wahnsinnig gut laufen. Ihre Tage sehen damals oft folgendermaßen aus: Vormittags steht sie vor der Kamera, fährt dann für ein Konzert abends in irgendeine Stadt und dreht am nächsten Morgen wieder. Ein schier unfassbares Pensum, für Valente Alltag. Sie hat es nicht anders gelernt, Zeit zum Lamentieren hat sie nicht, sie würde auch überhaupt nicht auf die Idee kommen, sich über Arbeit zu beschweren, sie ist schließlich Freiberuflerin. Als sie in New York mit den feinsten Jazzern der Szene eine Platte aufnehmen darf, sind alle sofort angetan von der disziplinierten Könnerin.

Wer hören will, was für eine außergewöhnliche Sängerin Valente ist, kann sich die Platte „Caterina Valente in New York“ anhören – das hat so gar nichts gemein mit „Steig in das Traumboot der Liebe“, einem Hit, der etwa zur gleichen Zeit in Deutschland in den Hitparaden ist. In den USA ist sie vor allem mit ihren Bossa-Nova-Stücken ein Riesenstar, das ist den meisten hierzulande nie so recht bewusst. Sie tritt mit Dean Martin und Sammy Davis Jr. im Fernsehen auf und Jerry Lewis parodiert sie – das ist im Grunde der ultimative Ritterschlag. Mit dem Rock’n’Roll als Stilelement kommt sie gut zurecht, aber als in den Sechzigern die Musiker beginnen ihre eigenen Lieder zu schreiben und vor allem über sich und ihre Befindlichkeiten zu singen, ist Valente raus. Damit kann sie schlicht nichts anfangen, ihre Welt ist das professionelle Entertainment alter Schule. Ein Beruf, auch eine Berufung, aber keine Mission.

In den Neunzigerjahren beginnt sie langsam, sich rar zu machen. Sie kann nicht mehr so wirbeln und schmettern, wie sie es einst konnte, und deswegen tritt sie ab, solange sie noch ihren eigenen Ansprüchen genügt. Das muss man erst einmal schaffen und dann der Versuchung widerstehen, der eigenen Sentimentalität zu erliegen und immer noch ein allerletztes Mal aufzutreten.

Caterina Valente, Weltstar im besten Sinne, ist nun mit 93 gestorben. Großen Zirkus um ihre runden Geburtstage hat sie immer freundlich aber bestimmt abgelehnt, großes Pathos zu ihrem Ableben wäre ihr wohl auch nicht recht gewesen. Aber Anerkennung und Respekt für ihr Lebenswerk, das hätte sie mit ihrem berühmten Lächeln wohlwollend zur Kenntnis genommen, also sei es aufgeschrieben: Die Valente war eine Große und eine, die das vornehm für sich behalten hat.
ZORAN GOJIC

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