Weltschmerz mit Faber

von Redaktion

Der Schweizer Sänger bringt die Fans in der Münchner Tonhalle zum Tanzen

Balkan-Beats und Opernmusik? Den Schweizer Singer-Songwriter Faber in eine Schublade zu stecken, ist schlichtweg unmöglich. An diesem ersten von zwei ausverkauften Abenden in der Tonhalle hat er den Fans noch vor wenigen Sekunden Balkan-Beats um die Ohren geknallt, während der nächste Song plötzlich als Klavierballade daherkommt. Danach versucht sich der Barde von Streichern begleitet als Opernsänger. Das Besondere dabei: Jede dieser Rollen beherrscht der Schweizer. Er wechselt mühelos zwischen den verschiedenen Stilen hin und her und schafft es auf der Bühne sogar noch, eine Extraportion Gefühl in die Songs zu legen.

Das Talent wurde Julian Pollinam bereits in die Wiege gelegt. Sein Vater Pippo Pollina ist einer der größten italienischen Liedermacher der Gegenwart. Noch ist er bekannter als sein Sohn, doch das könnte sich bald ändern. Fabers Touren sind seit Jahren fast komplett ausverkauft, und auch die Streams gehen durch die Decke. Doch wo liegt sein Geheimnis? Die Zeitschrift „Musikexpress“ fragte Faber einst, ob er wirklich so denke, wie es seine Texte aussagten. Er antwortete: „Kunst soll aufregen, oder hältst du das Publikum für so dumm, die Texte wörtlich zu nehmen?“

Seine oftmals provozierenden Texte schreibt er aus der Sicht anderer Menschen, mit oftmals moralisch fragwürdigem Charakter. Bei all seinen provokanten Wortspielen und ironischen Sprachbildern blitzt aber doch oft ein verletzliches Ich hervor. Und die Texte voller Weltschmerz sind sehr eingängig: Es ist auffällig, wie viele Fans ganze Strophen lauthals mitgrölen können, etwa von „Alles Gute“. Ein Höhepunkt des Abends ist der Hit „Tausendfrankenlang“, bei dem gefühlt das ganze Publikum den Text kennt und dabei fast den Sänger übertönt. Bei den Songs auf Italienisch, Französisch oder Schweizerdeutsch ist es dagegen ruhiger, doch dafür tanzt sich die Tonhalle die Füße wund.

Ansagen gibt Faber kaum, er lässt stattdessen die Musik sprechen. Von seiner Setlist könnten sich so manche Künstler eine Scheibe abschneiden. Mehr als zwei Stunden dauert das Konzert, fast 30 Songs aus dem Faber-Universum gibt es zu hören. Kein Wunder, dass eine laut jubelnde Menge die Band verabschiedet.
MICHAEL HELLSTERN

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