Zugewandt

von Redaktion

Hengelbrock bei den Philharmonikern

Eine ungewöhnliche Werk-Kombination und eine sehr individuelle Sicht prägten das Abo-Konzert der Münchner Philharmoniker am Donnerstag in der dicht besetzten Isarphilharmonie. Gast am Pult war wieder einmal Thomas Hengelbrock, der sich diesmal zwei geistlichen Werken widmete: dem „Psalm 90“ von Charles Ives und der f-Moll-Messe von Anton Bruckner.

Die Werke des 1954 gestorbenen US-Amerikaners Charles Ives sind bei uns fast nie zu hören. Umso interessanter daher diese Psalmvertonung zu „Herr, du bist unsere Zukunft für und für“, die dem vierstimmigen gemischten – zuweilen vielfach geteilten – Chor nur Orgel und Glocken samt Gong zugesellt. Dabei blieb selbst die Orgel (Johannes Berger) höchst dezent und ließ dem auf der Empore positionierten, von Andreas Herrmann einstudierten Philharmonischen Chor den Vortritt.

Unter Hengelbrocks zugewandter Leitung absolvierten die Damen und Herren des Chores ihre Aufgaben mit Intensität sowohl in den ruhigen, zuweilen homophonen Passagen als auch in dramatischen FortissimoMomenten mit heftigen harmonischen Reibungen.

Nahtlos ging es für den Chor und das bereits am Platz sitzende Orchester dann weiter zu Bruckner. Nach weichem, zartem Beginn steigerten sie sich mit dem Chor rasch in das eindringliche Flehen des Kyrie.

Wie eine Explosion ließ Hengelbrock das Gloria folgen, wobei er Dynamik und Tempi insgesamt stark kontrastierte. So hielt er durchgehend die Spannung, entwickelte mit dem emotional engagierten, jede (Fugen-)Herausforderung annehmenden Chor durchaus theatralische Momente. Auch im Credo mit seinem, von den Streichern zart umflorten „Et in carnatus est“ des Solo-Tenors oder der Aufregung des „Et resurrexit“.

Nicht nur die Streicher mit wunderbar singenden Celli, auch Holzbläser (Sanctus, Benedictus) und Blech steuerten Entscheidendes bei. Nicht gleichmäßig besetzt wirkte das Solistenquartett mit Katharina Konradi (Sopran), Eva Zaïcik (Mezzo), Jean Teitgen (Bass) und dem stilistisch und klanglich führenden Benjamin Bruns (Tenor).
GABRIELE LUSTER

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