Musiktheater in der ganzen Stadt

von Redaktion

Das „Septemberfest“ der Bayerischen Staatsoper begeisterte Jung und Alt

Klingt gut: Chorkonzert vor dem Nationaltheater.

Vorsingen: Begleitet von Susanna Klovsky trat Bariton Michael Nagy in den Fünf Höfen auf.

Mittanzen: Choreografin Anoosha Shastri erarbeitete mit Kindern „Sakuntalas Ring“.

Musik und Tanz an allen Ecken des Nationaltheaters: Beim „Septemberfest“ lud die Bayerische Staatsoper die Menschen aber nicht nur in das Haus am Max-Joseph-Platz. © Marcus Schlaf (4)

Was ist denn hier los? Das dürfte sich so mancher über die Maximilianstraße flanierende Tourist gedacht haben, als sich Sopranistin Seonwoo Lee auf den Stufen des Nationaltheaters plötzlich ins Kostüm der Kammerzofe Adele wirft, um begleitet von Kontrabass und Akkordeon eine Arie aus der „Fledermaus“ zum Besten zu geben. Und dies, ohne sich dabei von der vorbeirumpelnden Tram oder den mitfilmenden Passanten aus der Ruhe bringen zu lassen. Solche und andere Pop-up-Opernszenen waren am Wochenende beim „Septemberfest“ der Staatsoper gleich mehrfach zu erleben. Auf dem Max-Joseph-Platz ebenso wie in den Fünf Höfen, wo Lee mit ihren Kolleginnen und Kollegen aus dem Opernstudio neugierig macht, was sich drinnen im Musentempel wohl noch alles abspielt.

Während andere Häuser ihre neue Spielzeit gern mit glanzvollen Gala-Premieren eröffnen, lässt die Bayerische Staatsoper die Münchnerinnen und Münchner beim „Septemberfest“ selbst hinter die Kulissen blicken. Wobei das Ensemble und die Mitglieder des Staatsorchesters nicht nur auf klassischen Pfaden unterwegs sind, sondern auch privaten musikalischen Interessen nachgehen können. Wie breit die Talente aufgestellt sind, zeigt etwa eine Combo, die mit Mash-ups von Beethoven und Chuck Berry begeistert oder Klaus Doldingers „Tatort“-Titelmelodie mit ein paar Rossini-Zitaten remixt.

Da hört man an der einen Ecke Kammermusik im Treppenhaus und schlängelt sich an einem Kinderkonzert vorbei in Richtung Rheingold-Bar. Dorthin, wo man auf der Suche nach einer kleinen Erfrischung schließlich gerade noch die letzten Noten eines emphatisch geschmetterten „O sole mio“ hört.

Trotz einer zugkräftigen Konkurrenzveranstaltung auf der Theresienwiese ist das Interesse am „Septemberfest“ wieder enorm – bei allen Altersgruppen. Langjährige Abonnenten schauen sich hier ebenso neugierig um wie Jugendliche, die das bunte Treiben vor allem durchs Display ihres Handys erleben oder auf der großen Marmortreppe Selfies schießen. Vor allem aber sieht man viele Familien, deren Nachwuchs sich von den Profis aus der Maske schminken lässt, um später den Geschichten von „Peter und der Wolf“ oder „Ferdinand der Stier“ zu lauschen.

Aber auch Mitmachen ist erwünscht. Mächtig ins Zeug gelegt hat sich hierfür vor allem wieder das Staatsballett, das mehrere Workshops anbietet – inklusive Präsentation für die stolzen Eltern. Ganz unter sich ist man dagegen (zum Glück) im Chorsaal, wo Chorleiter Christoph Heil zunächst mit Atemübungen beginnt, um die Anwesenden zu entspannen. Denn wie sich herausstellt, sind keineswegs nur routinierte Hobby-Sängerinnen im Raum, sondern auch der eine oder die andere, die sich aus Spaß an der Freud erstmalig auf solch ein Experiment einlassen: Etwa eine Münchner Ärztin, die von zwei Freunden quasi zwangsverpflichtet wurde. Dank der humorvollen Atmosphäre fallen aber bei allen schnell die Hemmungen. Und nach ein paar Versuchsrunden schmettert man am Ende mit vereinten Kräften tatsächlich eine weitgehend auf richtiger Tonhöhe schwebende Version des Gefangenenchores aus „Nabucco“.

Wer das Singen und Tanzen trotzdem lieber den Profis überlassen wollte, hatte dafür natürlich auch Gelegenheit. So präsentierte man im Cuvilliéstheater eine rasch ausverkaufte Wiederaufnahme von Orffs „Der Mond“, während das Staatsballett abends im voll besetzten Nationaltheater ein eklektisches Tanzprogramm im Angebot hatte. Wobei die wilde Musikmischung von Bach bis Radiohead ihren Teil dazu beigetragen haben dürfte, dass sich auch das Publikum ähnlich bunt zusammensetzte. In dieser Hinsicht hat das „Septemberfest“ seinem Anspruch von „Oper (und Ballett) für alle“ wieder voll und ganz erfüllt. Bleibt nur zu hoffen, dass möglichst viele der Einladung von Intendant Dorny folgen und „ihr Haus“ noch möglichst oft besuchen.
TOBIAS HELL

Artikel 2 von 6