„Guckst du“: Dieses Motiv kennen manche Münchner bereits. Josephine Kaiser plakatierte es einst bei einer Litfaßsäulen-Kunstaktion des Kollektivs Munich Pop Art. © kjk
Küss die Hand! „Positiv selbstbestimmt“ sind die Frauen in den Arbeiten von Josephine Kaiser. © Josephine Kaiser
„Ich hätte auch Zahntechnikerin werden können“, sagt Josephine Kaiser. Die in der Tat höchst feinsinnig arbeitet und auf diese Weise herrliche Scherenschnitte fertigt. © Diane von Schoen
Josephine Kaiser hat einen köstlichen Humor. Nun ist das mit Witz so eine Sache. Nicht jeder findet es lustig, wenn eine Frau beim Liebesspiel heimlich hinter dem Rücken des Partners strickt (Was für eine Masche!), ein Monster mit nackten Damen schmust (Titel: „Der Schöne und die Biester“) oder ein Herr mit Messer und Gabel hantiert – auf dem Tisch zwischen Salz- und Pfefferstreuer aber eine Halbnackerte liegt, an deren Höschen sich der Hungrige zu schaffen macht (Titel: „Delikatessen“). Deshalb hat die Münchner Künstlerin das Schaufenster des Projektraums Munich Art, in dem sie derzeit ihre frechen Scherenschnitte zeigt, weitgehend abgehängt. Nur ein schmaler Sichtschlitz gibt den Blick ins Innere und an die Wände mit ihren eindeutig zweideutigen Arbeiten frei. Kann also keiner behaupten, Kaiser wolle hier mit erotischer Kunst die Jugend verderben. Das quadratische Guckloch verlockt aber freilich umso mehr dazu, hinzuschauen. Und dann gleich neugierig in die Galerie hineinzuspazieren. Denn diese Schau macht richtig Spaß.
Eigentlich fertigt Josephine Kaiser Skulpturen aus Fimo-Knete. Das ist diese Modelliermasse in knatschbunten Farben, bei deren Kauf man meint, damit die schönsten Kunstwerke fertigen zu werden. Nur um dann ernüchtert ob der eigenen Mittelmäßigkeit am Ende eines langen Bastelnachmittags vor windschiefen Männchen mit zu kleinen Köpfen und zu großen Rümpfen zu sitzen. Prädikat: redlich bemüht. Bei Josephine Kaiser ist das anders. „Ich sage immer: Ich hätte auch Zahntechnikerin werden können.“ Denn diese Frau hat Geduld. Ihre Fimo-Knete-Skulpturen sind Kunstwerke. Der Clou: Kaiser bemalt sie nach dem Brennen nicht, sondern friemelt jedes Detail gleich in der passenden Fimo-Farbe. Von den klitzekleinen Wimpern bis hin zum Puschel am Badeanzug einer kessen Nixe. Manchmal gönnt sie sich den Spaß, ihren Figuren geknetete Kleider anzuziehen – und wer drunterschaut, sieht, dass das Höschen fehlt.
Alles unheimlich detailverliebt gemacht; alles entsprechend zeitaufwendig. Also hat sich Josephine Kaiser irgendwann überlegt, wie sie ihre Lust am Geschichtenerzählen auf andere, zumindest ein bisschen weniger zeitintensive (obwohl immer noch sehr aufwendige) künstlerische Weise ausleben kann. „Eine Szene, in der zwei Personen interagieren, kann ich im Scherenschnitt viel schneller erfassen als mit der Knete“, sagt die Künstlerin. Die die Dreidimensionalität, die sie an ihren Fimo-Skulpturen so liebt, im Scherenschnitt auf andere Weise wiederentdeckt. Fällt Licht auf die Arbeiten, entsteht durch den Schattenwurf eine besondere Tiefe. Ihre Motivideen zeichnet sie auf die Rückseite des schwarzen Papiers („anders als Tonpapier bleicht Scherenschnittpapier nicht aus“) und legt dann fein säuberlich los. Besonders beliebte Motive wiederholt sie in kleinen Auflagen, doch ein jedes bleibt ein Unikat – Schablonen nutzt sie nicht, sondern malt die Vorlage ein jedes Mal neu.
Ab 500 bis maximal 800 Euro pro Arbeit ist man dabei. Und kann ein Werk mit nach Hause tragen, dessen Bildsprache im positivsten Sinne feministisch daherkommt. Agentinnen, Superheldinnen, Ladys, die freudig das fröhliche Spielchen zwischen Mann und Frau spielen. „Ich würde sagen: Die Frauen in meinen Bildern sind positiv selbstbestimmt.“ Das kommt an. Viele rote Punkte kleben bereits im Ausstellungsraum. Delikat.
KATJA KRAFT
Bis 5. Oktober
Mi. bis So. 14 bis 18 Uhr;
Munich Art Gallery,
Amalienstraße 14.
Infos im Internet unter
www.munichart.de.