Der Mensch, wir wissen es, ist schlecht beraten, wenn er einen Deal mit dem Teufel eingeht. Unzählige Beispiele gibt es dafür: Faust und Timm Thaler, Robert Johnson und Peter Schlemihl. Letzterer suchte den Draht zum Satan nicht wegen Lust und Liebe, Überschuldung, oder weil er sich das Gitarre-Üben sparen wollte. Er verkaufte seinen Schatten um des schnöden Mammons willen. Das erklärt allerdings nicht, warum ausgerechnet der britische Schlagzeuger Larry Mullins – langjähriger Mittäter der Rock-Rabauken Nick Cave, Iggy Pop, Swans und The Residents – im Jahr 2024 auf das Kunstmärchen von Dichter/ Botaniker Adelbert von Chamisso (1781 – 1838) kommt. Doch so ist es: Das rein instrumentale Album „Camissonia“ ist diesem gewidmet, das Cover zieren Schlemihl-Holzschnitte von Ernst Ludwig Kirchner – die Musik ist überwältigend. Das Eröffnungsstück „Now, already getting lost, forever“ türmt sich auf zu einem Tosen, das sonst nur Orgeln in Kathedralen erzeugen. In allen Stücken überfluten Synthesizer und Chöre zarte Elektro-Drums wie die himmlischen Heere. „Seven-League-Boots“ und das Titellied dröhnen besonders schön. Eine wahrhaft wundersame Geschichte.
LÖ
Larry Mullins:
„Camissonia“ (Hit Thing / Indigo).
★★★★☆ Hörenswert