Daniel Norgren brachte den Blues nach München. © Rimpel
Es ist diese Musik, die den Film „Acht Berge“ nach dem Roman von Paolo Cognetti so einzigartig macht: Bluesige Klänge, die aus den Sümpfen Lousianias zu schweben scheinen, begleiten Bilder aus Italiens Alpen – das Ganze komponiert und gesungen von einem Schweden: Was erst einmal total schräg klingt, passt im Ergebnis so gut, dass der Soundtrack von Daniel Norgren die Auszeichnung des Crystal Pine Awards für die „Beste Verwendung von Musik“ erhielt.
Aber kommt das, was als Musik zum vielfach preisgekrönten Film von Felix van Groeningen so perfekt funktioniert, auch in einem Konzert rüber? Die prall gefüllte Freiheitshalle zeigte, dass die Neugierde auf Norgren in München jedenfalls riesig ist.
Und um das Ergebnis vorwegzunehmen: Es funktioniert. Das Konzert war ein Ereignis, auch weil der Singer-Songwriter und seine begnadete Band nicht nur die Filmhits runterspulten, sondern den emotionalen Liedern ganz neue, andere Klänge entlockten. Norgrens Klaviersoli entwickeln einen an Keith Jarrett gemahnenden Klangteppich, die Gitarren-Soli rocken wie bei Eric Clapton. Dazu Norgrens gequetschte, inbrünstige Stimme: Der Blues ist ein Schwede!
Natürlich tut man dem 41-jährigen Schweden, der schon 2006 sein erstes Album rausbrachte, Unrecht, wenn man ihn auf den Film „Acht Berge“ reduziert: In seiner Heimat hat er schon lange ein treues Indie-Publikum. Und beim Münchner Konzert überzeugen auch die Songs, die nicht auf dem Soundtrack zu hören sind. Aber die Höhepunkte des Konzerts sind die Ohrwürmer aus dem Film wie „Everything you know melts away like snow“ . Libellen schwirren, der Kuckuck ruft – wer die Augen schließt, fühlt die Natur, ein zentrales Thema der Lieder des Schweden.
Manchmal blitzt bei Norgren, der mit Käppi und Holzfäller-Hemd genauso gut ein schwedischer Waldarbeiter sein könnte, auch schelmischer Humor auf. Aber die Grundmelodie ist wehmütig. Doch die Melancholie dieser Lieder macht nicht depressiv, sondern entlässt das Publikum mit einem wohlig-traurigen Mantel in den nasskalten Oktober. Norgrens Musik ist ein Schwedenofen fürs Gemüt.
KLAUS RIMPEL