Den Fantas langt’s noch lange nicht

von Redaktion

Die schwäbischen Hip-Hopper legen mit „Long Player“ ihr elftes Album vor

So‘n Hals: Das Cover des Albums „Long Player“.

Brillieren auf der langen Distanz: Die Fantastischen Vier machen einfach weiter. © Monsterpics

Wenn die Fantastischen Vier ihr neues Album „Long Player“, das heute erscheint, erklären wollen – dann geht es schon mal um das eigene Vermächtnis. Um das, was bleibt, nach 35 Jahren schwäbischem Hip-Hop. Dann sehen sie sich eines fernen Tages im deutschen Pop-Olymp thronen, neben den Ärzten, den Hosen, Udo und Herbert. „Jetzt ist komplett Veteranenstatus angesagt“, sinniert Smudo, „wir sind Pop-Dinosaurier.” Mag ja sein. Doch das fabelhafte elfte – und hoffentlich nicht letzte – Studioalbum der Fantas beweist, dass der Alterssitz auf Wolke vier im Olymp noch weit entfernt ist.

Mit Mitte 50 lassen es Michi „Hausmarke“ Beck, Thomas D, And.Ypsilon und Smudo massiv scheppern wie eh und je. Der Meteoriteneinschlag, der die Rap-Dinos ausrottet? Nicht zu hören, nicht zu sehen. Sechs Jahre hat sich das Quartett seit „Captain Fantastic“ Zeit gelassen. So lange hat es noch nie gedauert. So viel Material haben sie noch nie verworfen. Und so viele Fragen haben sie sich noch nie gestellt.

Wie klingen Hip-Hopper, wenn das gesetzliche Rentenalter um die Ecke lugt? Viele Diskussionen später ist klar: Sie klingen am besten so wie damals, als die Sause angefangen hat. „Es macht überhaupt keinen Sinn zu versuchen, modern zu klingen, wenn man es einfach nicht ist“, erklärt Smudo die Retro-Strategie. Nur, dass es diesmal öfter um den Blick zurück geht, manchmal sogar ums Aufhören. „Los Leute, kommt’n bisschen näher, ein Leben lang legendär. Gehen noch ein Stück, nehmen euch mit, bis zum Ende Long Player“, rappen sie – und haben Mordsspaß an der Albernheit, „nayer“ und „legendayer“ auf „Long Player“ zu reimen.

„Dieses Leben, es rinnt mir durch die Hände wie Sand, und sag’ mir, was hat noch Bestand?”, rappt Thomas D in „Bestandsaufnahme“ zu einem mitreißenden Soul-Groove. Doch die Party, die Konzerte, sie gehen weiter, siehe „Weekendfeeling“: „Scheißegal, wievielter Frühling – 30 Jahre Weekendfeeling. Alle deine Lieblingslieder. Und wir spielen, spielen, spielen sie wieder.“ Live am 15. Dezember in der Münchner Olympiahalle dürfte auch „44 Tausend“ prächtig funktionieren: „44 000 People springen auf und ab wie wild. Gesundheitszustand jetzt egal. Wenn’s dumm läuft, halt zum letzten Mal.“

Doch um aufzuhören, haben die Fantas wohl zu viel Spaß am Experimentieren und Ideen-Aushecken. In „Projekt Y“ liefern sie quasi eine Synthie-Gebrauchsanweisung und erklären, wie ein Song entsteht: „Und das Stück ist fertig. So einfach ist das.“ Das ist quasi Kraftwerk auf Schwäbisch. Außerdem gibt es ein leibhaftiges Liebeslied („Fliegen“) und eine Hymne mit Mitsing-Garantie: „Das ist kein Hallenbad, das ist das Mittelmeer.“

Die Ohrwurm-Single „Wie weit“ mit Mia-Sample ist nicht das einzige überraschende Feature. Für „Was man will“ haben die Fantas einen Klassiker der DDR-Rocker Hansi Biebl Band hochgepitcht. „Es gibt Momente, da stellen sich die Weichen. Und man weiß nicht, was man will“, singt Altstar Biebl.

Das passt zu den Fantastischen Vier, die nicht nur einen neuen „Long Player“ aufgenommen haben, sondern die als Hip-Hop-Marathonläufer auch „Long Player“ sind. Aufhören oder weitermachen? Für beides gibt es auf dem Album Indizien, denen die Fans wie auf einer Schnitzeljagd nachjagen dürfen. Smudo macht Hoffnung, dass die Reise durch die vierte Dimension weitergeht: „Wir sind mit dem Ergebnis des Albums so was von mehr als zufrieden, dass wir sagen: Das Gefühl hätten wir gerne noch mal.”
JÖRG HEINRICH

Die Fantastischen Vier:

„Long Player“ (Rekord).

Karten für das Konzert
am 15. Dezember in der Münchner Olympiahalle gibt es zwischen 70 und 100 Euro.

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