PREMIERE

Besen-Zauber am Blocksberg

von Redaktion

Otfried Preußlers „Die kleine Hexe“ in der Münchner Schauburg

Was macht eine gute Hexe aus? Die Titelheldin (Simone Oswald) muss da erst ihre eigenen Erfahrungen machen. © Cordula Treml

Mit dem Alter ist es immer eine Frage der Perspektive. Ab einem gewissen Geburtstag freuen sich die meisten durchaus, wenn sie jünger geschätzt werden. Aber wir alle dürften uns noch gut an jene Zeit erinnern, als man gerne älter gewesen wäre. Um endlich all die Dinge tun zu dürfen, die eigentlich nur für „die Großen“ gedacht sind. Genau so geht es auch der Titelheldin in Otfried Preußlers „Die kleine Hexe“. Sie ist mit ihren 127 Jahren nämlich viel zu jung, um an der großen Hexenfeier auf dem sagenumwobenen Blocksberg teilzunehmen. Und als sie sich verbotenerweise trotzdem aufs wilde Fest schleicht, bleibt das nicht ohne Folgen. Welche das sind? Nun ja, dazu muss man den beliebten Kinderbuchklassiker schon selbst (vor)lesen. Oder stattdessen einen Abstecher in die Münchner Schauburg planen. Denn hier steht die lehrreiche Geschichte ab sofort in einer fantasievollen Neuinszenierung von Marcelo Diaz auf dem Spielplan.

Beim Betreten des Saals wird da von einem offenbar erfahrenen Theaterbesucher zwar bemängelt, dass es diesmal keinen Vorhang gibt. Aber dafür wird die Bühne sofort genauer unter die Lupe genommen. „Schau Mama! Schau mal! Du kannst das Hexenhaus schon sehen!“ Und das Staunen hört hier keinesfalls auf. Dafür sorgen Ausstatterin Anja Fuhrmann und Video-Designerin Sarah Scherer, die sich für die Zaubertricks der versammelten Wetterhexen, Berghexen, Kräuter-, Sumpf- und Knusperhexen einiges haben einfallen lassen. Von bunten Projektionen bis hin zu guter alter handgemachter Theatermagie.

Das achtköpfige Ensemble darf aber auch mal die Besen weglegen und sich immer wieder in neue skurrile Nebenfiguren verwandeln. Diese werden meist von Hardy Punzel synchronisiert, der nicht nur als böse Hexe Rumpumpel einen köstlichen Auftritt hinlegt, sondern den teils stumm agierenden Kolleginnen und Kollegen seine wandlungsfähige Stimme leiht. Allein dafür würde sich der Besuch schon lohnen. Ebenso wie für Titelheldin Simone Oswald, die gemeinsam mit ihrem Raben Abraxas (Janosch Fries) ein sympathisches Duo gibt, das gemeinsam durch dick und dünn geht.

Was nun genau eine „gute“ Hexe ausmacht, das ist eine Frage, die alle individuell für sich beantworten müssen. Soll sie Gutes tun, um anderen zu helfen? Oder darf es ab und zu auch ein kleiner böser Schabernack sein, um mürrischen Zeitgenossen eins auszuwischen? Die jugendliche Zielgruppe war sich in ihrem Urteil am Premierennachmittag offensichtlich einig und kugelte sich bereits während der kompakten 70 Minuten mehrfach vor Lachen, ehe das Ensemble am Ende mit lautem Gejohle und wildem Getrampel gefeiert wurde. Aber auch für die mitgebrachten Eltern und Großeltern, die zum Großteil selbst mit der zeitlosen Geschichte aufgewachsen sein dürften, gab es reichlich Gelegenheit zum Schmunzeln und zum Staunen. Und was die Altersbegrenzung von 127 angeht, drückt die Schauburg sicher auch weiterhin gern ein Auge zu. Schließlich ist man immer so alt, wie man sich fühlt.
TOBIAS HELL

Termine

und Vorverkauf unter www.schauburg.net.

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