Harte Hits und Horrorshow

von Redaktion

Metal-Königin Doro eröffnet in der Olympiahalle für Altmeister Alice Cooper

Hardrock-Fans bekamen gleich zwei Metal-Konzerte serviert. © Martin Hangen

Die Königin des Metal ist Powerstimme Doro Pesch auch bei ihrem Auftritt in München, wo sie für Alice Cooper den Abend eröffnet. © Martin Hangen

Willkommen in meinem Albtraum: Der säbelschwingende Altmeister Alice Cooper lud zur Grusel-Show in die Olympiahalle. © Fotos: Martin Hangen

Die Gehhilfe braucht Alice Cooper nur, um zuzustechen. © Martin Hangen

Es ist kurz vor 23 Uhr, die letzten Konfettireste flattern von der Bühne, als sich der Meister erstmals ans Publikum wendet. „München, nun endlich spreche ich direkt zu Euch“, sagt Alice Cooper, weißer Frack und weißer Zylinder, mit staatstragender schwarz-verschmierter Miene. Er möchte „die wunderschönen Kreaturen auf dieser Bühne vorstellen“, erklärt der 76-jährige Grandseigneur des Schockrocks und wendet sich seiner Band zu, die an diesem Abend in der Olympiahalle groß aufgespielt und mit teils brillanten Soli geglänzt hat.

Auf dem Sound der gleichermaßen geschrammelten und fein bespielten Gitarren von Nita Strauss, Tommy Henriksen und Ryan Roxie sowie dem Rhythmus von Bassist Chuck Garric und dem furios aufspielenden Drummer Glen Sobel baut die Gruselgeschichte auf, die Alice Cooper auf der „Too Close for Comfort“-Tournee erzählt.

Freilich, es dreht sich vorrangig um Alice, der traditionell als Höhepunkt der Show unter der Guillotine landet und auch in München auf Geheiß seiner im Marie-Antoinette-Kostüm umherspringenden Ehefrau Sheryl geköpft wird. Schon auf dem Weg zum kurzzeitigen Ableben geht es auf der Bühne, optisch eine Mischung aus kalter Kathedrale und gruseligem Herrenhaus, angemessen blutig zu.

Da wird ein aufdringlicher Fan eiskalt abgestochen, einen lästigen Paparazzo spießt Cooper gleich selbst auf. Stets hat der Altmeister einen spitzen Gegenstand zur Hand, mit dem er jemanden oder etwas erdolchen kann – und wenn es nur ein Luftballon voll Konfetti ist. „Welcome to my Nightmare“ ist nicht nur Titel eines Cooper-Songs, es ist Programm: Zu „Cold Ethyl“ schleift der Sänger eine Frauenpuppe ruppig über die Bühne, bei „Feed my Frankenstein“ spaziert ein drei Meter großes Monster zwischen den Musikern herum, und für die „Ballad of Dwight Fry“ lässt sich Cooper in eine Zwangsjacke stecken.

Das alles wäre für sich genommen schon abendfüllend. Doch Alice Cooper hat ein Ass im Ärmel, das Kontrastprogramm und perfekte Ergänzung zugleich ist. Metal-Königin Doro, einst Sängerin der Band Warlock, bereitet mit einem kompletten Powermetal-Set dem Cooper-schen Gruselkabinett den Weg. Die Düsseldorferin setzt für ihr ausgedehntes Vorprogramm auf ein Best-of aus 40 Jahren, bei dem in der Halle unerwartet Stadionatmosphäre aufkommt.

Ein schlichtes Plakat als Bühnendeko, harte Gitarrenriffs und jede Menge Headbangen der stilecht langhaarigen Bandmitglieder am Bühnenrand: Mehr braucht Dorothee Pesch, wie Doro bürgerlich heißt, nicht. Die 60-jährige Sängerin im nietenbesetzten Leder-Catsuit bringt die Olympiahalle zum Singen und hat selbst jede Menge Stimmgewalt zu bieten. „All we are“ schallt es unterm Zeltdach, und nach fast einer Stunde wünscht die Königin, die sich grundsympathisch als Cooper-Fan outet, viel Spaß bei der Gruselshow.

Die ist in der Tat nicht nur was für die Ohren, sondern auch was fürs Auge. Ob bei „Poison“ grüner Nebel über die Bühne wabert und die Szenerie maximal toxisch leuchtet oder für „Elected“ ansprechende Alice-Cooper-Wahlplakate über die Monitore flimmern, die Bühnenshow passt perfekt zur Horror-Ästhetik und macht aus dem Konzert ein Konzerterlebnis.

Das kostet auch der Altmeister bis zur letzten Sekunde aus. Kaum wieder auferstanden von seiner Enthauptung und nachdem er der Band und seiner Frau Tribut gezollt hat, stellt sich Alice Cooper als zentrale Figur des Abends angemessen größenwahnsinnig selbst vor. Badet im verdienten Applaus. Und wünscht den rund 7000 Besuchern zum Abschied möglichst schreckliche Albträume.

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