PREMIERE

Klosterfrauen unter Strom

von Redaktion

Das Deutsche Theater zeigt den Musical-Klassiker „Sister Act“

Auch die Ehre der männlichen Fraktion wird in dieser Show bestens verteidigt. © Nico Moser

Man muss weder katholisch noch ein Musical-Nerd sein, um hier einen guten Abend zu haben. Die Pointen-Dichte ist hoch, die Spielfreude groß. © Nico Moser

Halleluja! Die Erlösung ist nah! Zumindest im Falle von Münchens ausgehungerten Musical-Fans, für die das Deutsche Theater nach der Sommerpause einen echten Blockbuster parat hält. Über die Geschichte von „Sister Act“ muss man wohl keine großen Worte verlieren. Der Film mit Whoopi Goldberg ist im kollektiven Gedächtnis fest verankert. Und auch die Musical-Variante von Oscar-Preisträger Alan Menken, der das Geschehen in die Siebzigerjahre verlegte und mit funkigem Motown-Sound, Gospel und Bee-Gees-Falsett würzte, darf man inzwischen guten Gewissens als Klassiker bezeichnen.

Produktion aus dem Londoner West End

Zu sehen gibt es diesmal die jüngste Produktion aus dem Londoner West End, die Regisseur Bill Buckhurst und Choreograf Alistair David mit dem deutschen Ensemble noch einmal neu einstudierten. Eine rasant durchgetaktete Show, in der sich neben Film-Zitaten auch manch ironischer Verweis auf die singenden Nonnen aus „The Sound of Music“ findet.

Aber keine Angst, man muss weder katholisch noch ein Musical-Nerd sein, um hier einen guten Abend zu haben. Die Pointen-Dichte ist so hoch, dass es auch nicht weiter ins Gewicht fällt, wenn der eine oder andere Kalauer mal etwas flacher daherkommt. Ein paar Rosenkränze extra müsste dafür vor allem das tollpatschige Gangster-Trio beten, das der Titelheldin an den Fersen klebt. Wirklich gefährlich sind sie ebenso wenig wie Alexander di Capri als schmieriger Ober-Mafioso Curtis. Aber den Ton geben an diesem Abend ja eh die Nonnen an.

Dass bei ihnen trotz Einheits-Outfit keinerlei Verwechslungsgefahr besteht, spricht fürs Castingbüro, das eine bunt zusammengewürfelte Ordensgemeinschaft versammelt hat, deren Spielfreude in den Ensemblenummern unmittelbar in den Saal überschwappt. Sei es Melanie Kastaun, die als Schwester Mary Patrick ihre innere Rampensau entdecken darf und bald auch die schüchterne Postulantin Mary Robert (Janina Maria Wilhalm) mitreißt. Oder Sylvia Moss, die als Mary Lazarus im herrlich skurrilen Nonnen-Chor weder als Alt noch als Sopran durchgeht und daher kurzerhand für ein paar Rap-Einlagen rekrutiert wird.

Den Thron der Soul-Queen beansprucht aber natürlich trotzdem Denise Lucia Aquino unangefochten für sich. Sie war bereits vor sieben Jahren im Ensemble dabei, als die swingenden Nonnen zum letzten Mal im Deutschen Theater predigten. Doch nun darf sie endlich Vollzeit in die Hauptrolle der schlagfertigen Nachtclubsängerin Deloris schlüpfen und blüht im Laufe des Abends immer mehr auf.

Aus der Donna-Summer-Bewunderin und „Shirley Bassey für Arme“ wird beim Zwangsaufenthalt im Kloster eine Frau, die lernt, dass neben glamourösem Äußeren eben auch innere Werte zählen, um aus Noten Musik zu machen. Und so glänzt Aquino vor allem dann, wenn sie aus der schrägen Truppe allmählich einen harmonischen Chor formt. Oder wenn sie als Lead-Sängerin gemeinsam mit ihren neu gefundenen Schwestern den Gottesdienst aufmischt.

Eine perfekte Reibungsfläche findet sie darüber hinaus in Femke Soetenga, ohne deren strenges Pokerface die Eskapaden von Deloris meist nur halb so lustig wären. Egal, welches Chaos um sie herum tobt, Soetenga ist ein Fels in der Brandung. Wobei sie in ihren Solo-Nummern sehr wohl auch den weichen Kern unter ihrer harten Schale durchblitzen lässt. Und im Finale darf sie dann endlich ebenso aufgekratzt tanzen wie Theodor Reichert, der als Monsignore Ohara eine nicht minder köstliche Vorstellung liefert und gemeinsam mit Lorenzo di Girolamo als Deloris‘ Jugendfreund Eddie die Ehre des männlichen Ensembles verteidigt.
TOBIAS HELL

Vorstellungen

bis 27. Oktober,
Termine und Vorverkauf
unter www.deutsches-theater.de.

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