Vorhang auf für eine neue Zeit!

von Redaktion

Das Deutsche Theatermuseum zeigt, wie der Jugendstil das Bühnenspiel veränderte

Durchdrungen vom Jugendstil: Ausschnitt eines Modells des einstigen Münchner Künstler-Theaters. © Robin Rehm

Würde man die roten Fäden spannen, die sich zwischen all den Themen ziehen, die das Deutsche Theatermuseum in seiner neuen Ausstellung verhandelt: Es wäre kein Durchkommen mehr. Der Münchner Jugendstil und das Theater – in dieser Schau kommt zusammen, was zusammengehört. Denn für die Künstlerinnen und Künstler dieser Bewegung, die sich Ende des 19., Anfang des 20. Jahrhunderts in Europa ausbreitete, war im Grunde das ganze Leben Bühne. Ihr Motto könnte nicht hinreißender sein: Die Welt für alle schöner machen, den Alltag mit Kunst durchdringen – so lässt sich der Anspruch der Vertreter des Jugendstils zusammenfassen.

In der Kunsthalle eröffnet kommende Woche eine große Überblicksausstellung in Zusammenarbeit mit dem Münchner Stadtmuseum. Ergänzend dazu lohnt es sich, im Hofgarten vorbeizuschauen. Dort widmet sich Kuratorin Brigit Kadatz-Kuhn der Frage, inwiefern der Jugendstil Einfluss auf die Bühnenlandschaft hatte. Und der ist nicht zu unterschätzen. „Der neue Einsatz von Licht und Farben, die Verbindungen von bildender Kunst und Theater – Dinge, die uns heute selbstverständlich scheinen, waren damals völlig neu und veränderten die Theaterlandschaft nachhaltig“, sagt Kadatz-Kuhn.

Der Jugendstil entwickelte sich als Gegenbewegung zur Industrialisierung. Die Künstler wollten etwas völlig Neues schaffen, weg von den immer gleichen Rückgriffen auf alte Stile wie Barock oder Klassizismus. Die Ausstellung zeigt anhand in kürzester Zeit entstehender Spielorte, wie sich der Anspruch, nicht mehr bloß die Wirklichkeit abzubilden, in der Architektur niederschlägt. Prinzregententheater (Eröffnung: 20. August 1901), Schwabinger Schattenspiele (16. Mai 1908), Schauspielhaus (20. April 1901), das Münchner Künstler-Theater (17. Mai 1908) und das Kabarett „Die elf Scharfrichter“ (Erstaufführung 13. April 1901) machen das Revolutionäre der Zeit deutlich: Auf einmal geht es darum, Häuser zu bauen, in denen alle Zuschauer gleich gut sehen und hören können; in der durch den Einsatz von Licht Schattenspiele entstehen, Funktion und Form verschmelzen.

In Merlin Stadlers 3D-Rekonstruktion des Künstler-Theaters kann man nachvollziehen, wie so eine Aufführung damals war: im Hintergrund helles Licht, farbenreiche Bühnenbilder, die nicht mehr im Boden versenkt, sondern zur Seite geschoben werden. Das hat schon viel von der späteren Kinoästhetik. Einladung für echtes Eintauchen in eine andere Welt.
KATJA KRAFT

Bis 23. März 2025

Di. bis So. 11 bis 17 Uhr.

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