Auf den Spuren der Menschheit: das Itim-Ensemble nebst Skelett in seiner Inszenierung „Step“. © Yaniv Berman
Unter großem öffentlichem Zuspruch und mit reichlich Prominenz ist am Mittwochabend das Internationale Figurentheaterfestival München „Wunderpunkt“ in der Münchner Schauburg eröffnet worden. Kulturreferent Anton Biebl versprach zur Begrüßung „zwölf Tage voller Staunen und Wunder“ und verwies auf das hochkarätige internationale Programm, das sich in der Tat sehen lassen kann.
Es ist kein Zufall, dass die israelischen Gäste des Itim-Ensembles aus Tel Aviv den Auftakt machen und mit ihrem Stück „Step“ zudem bestens zum diesjährigen Festivalmotto „alles echt“ passen. Dieses hat sich dem überlebensgroßen Thema Künstliche Intelligenz (KI) verschrieben – und der Frage, wo eigentlich noch der Mensch bleibt, wenn er bleibt? Als hätte der Historiker und Politikflüsterer Yuval Noah Harari mit seinem Sachbuch „Sapiens. Eine kurze Geschichte der Menschheit“ (2011) ebenfalls geradewegs auf dieses Festivalthema gewartet, geht es bei „Step“ – das auf Hararis Bestseller beruht – um diese Fragestellungen: Was zeichnet den Menschen – das Tier Homo sapiens – aus? Welche Berechtigung hat das Descartes-Zitat „Cogito ergo sum“ („Ich denke, also bin ich“) in Zeiten der KI? Wer denkt hier? Und was „ist“?
Durchweg unterhaltsam setzt das sechsköpfige Ensemble die Kernthematik szenisch um und holt sich verbale Verstärkung vom Erzähler Janosch Fries (famoses SchauburgMitglied). Eigentliche Attraktion ist ein Skelett, das wirkungsvoll das Bühnengeschehen bestimmt und als zentrales Objekt durch die Menschheitsgeschichte führt – als Skelett sind wir alle gleich.
Gekonnt verwischen die Darsteller unter der Regie Zvi Sahars die Grenzen zwischen Schauspiel, Puppen- und Objekttheater sowie Kino, anhand dessen betörende Bilder von utopischen Mondlandschaften und sphärischen Welten erschaffen werden. Ohne bei den großen philosophischen Fragen, die aufgeworfen und durcheinandergewirbelt werden, jemals in die Tiefe zu gehen, endet die Inszenierung mit einem grandiosen Chaos auf der Bühne, das der denkende Mensch – jenseits aller Vernunft – angerichtet hat. Zurückbleibt, ähnlich wie im Disney-Film „Wall-E“ von 2008, ein Saugroboter, denn: Der Letzte räumt die Erde auf! Doch wer wird der/die/das Letzte sein? Mit diesen Fragen lässt „Step“ sein Publikum allein, denn – denn das wird deutlich: Das Ende der Geschichte kennen wir (noch) nicht.
ANNA BEKE
Das Festival
läuft bis zum 27. Oktober; weitere Informationen gibt es online unter www.wunderpunktfestival.de.