Eindringlich

von Redaktion

„Die Wand“ im Münchner Teamtheater

Stark: Angela Hundsdorfer in „Die Wand“. © Thomas Bruner

Direkt lieblich klingt es nicht, wenn Angela Hundsdorfer eine Forelle am Tischeck totschlägt. Aber keine Angst, der Fisch ist bloß ein Theaterrequisit aus Gummi – das allerdings recht echt aussieht (und sich auch so anhört). Zumal es sogar blutig weitergeht, wenn die Solistin dieses Gastspiels am Münchner Teamtheater Tankstelle das Fake-Viech mit einem Messer „ausnimmt“. Vegetarier (und Veganer sowieso) dürften also vielleicht Probleme haben mit diesem Fisch-und-Fleisch-Abend, an dem auch noch geschildert wird, wie das ist, wenn man ein Reh „aufbricht“ und aus den warmen Eingeweiden Dampf in die kalte Winterluft steigt.

Um all diese Dinge geht es (unter anderem) in Marlen Haushofers Roman „Die Wand“ (1963), einer seltsamen Parabel und Endzeit-Robinsonade, die 2012 mit Martina Gedeck verfilmt wurde. Sie handelt davon, dass eine Städterin mit Hund, Katze und Kuh in einem einsamen Jagdhaus durch eine transparente Wand vom Rest der Welt isoliert wird. Die Schauspielerin Angela Hundsdorfer hat den Text als eindringlichen Theatermonolog überzeugend für sich adaptiert und inszeniert. Vor einer riesenhaft vergrößerten Manuskriptseite (Bühne: Thomas Bruner) sieht man sie gekonnt Holz hacken und allerlei erdigen Erfahrungen nachhängen.

Denn wenn Kino, Klatsch und Theater, also der schlimme eitle Tand der Zivilisation, plötzlich wegfallen, wird der Mensch „wesentlich“. Zurückgeworfen auf fundamentale Bedürfnisse wie Feldbau, Jagen, Sammeln, Melken, Heu einbringen. Und: aufs Töten, weil ein anderer Mensch unsere Existenz bedroht, der raubend ins eigene Revier eindringt.

Fischt der Roman also doch ein wenig im Trüben, wenn er tendenziell das einfache Glück harter Arbeit preist und zugleich den archaischen Kampf ums Dasein imaginiert? Zumindest erahnt man darin existenzialistisch gewendete Versatzstücke einer Natur-Ideologie, die sich sowohl im Western als auch im Blut-und-Boden-Kitsch wohlfühlt wie der Fisch im Wasser.
ALEXANDER ALTMANN

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