Filmreif

von Redaktion

Christian Muthspiel in der Unterfahrt

Bravissimo: Der Komponist Christian Muthspiel ließ sich von Federico Fellini inspirieren. © Nikola Milatovic

Von Szenen und Charakteren aus Filmen von Federico Fellini hat sich der österreichische Komponist Christian Muthspiel zu seinem monumentalen Werk „La Melodia della Strada“ inspirieren lassen. In der ausverkauften Münchner Unterfahrt dirigierte er sein 17-köpfiges Orjazztra Vienna durch den „Hörfilm in vier Sequenzen und 17 Szenen“ zu einer beeindruckenden Hommage, die es an Fantasie, Opulenz und Detailreichtum durchaus mit der Inspirationsquelle aufnehmen kann.

Je sechs Holz- und Blechbläser verzahnen ihre Motive, legen dichte Klangschichten übereinander, Bass und Schlagzeug sind je doppelt besetzt. Das ist mal melodisch-verspielt und melancholisch, wo angemessen, dann wieder furios und virtuos, wo es die Szene erlaubt. Eine Bassklarinette dreht frei, um den Freigeist Fellini kongenial zu feiern, den Faustkampf um die Gunst der jungen Giulietta Masina in „La Strada“ inszeniert Muthspiel als Duell zweier Posaunen. Ilse Riedlers Tenorsaxofon regiert mit souveräner Autorität „La città delle donne“, während Gerhard Ornigs Trompete in „L’artista del circo“ atemberaubend akrobatisch auf einem imaginären Hochseil tanzt – wie überhaupt jeder Solist seine Chance eindrucksvoll nutzt, wenn einmal am Abend das Scheinwerferlicht auf ihn fällt.

Muthspiels Tonsetzkunst kann die Bigband-Tradition kompetent variieren, überschreitet deren Konventionen aber ebenso souverän wie Fellini mit seinen überbordenden Einfällen die schnöde Realität oft ins Skurril-Surreale transzendiert. Großer Jubel für ein großes Werk und auch von dieser Stelle: Bravissimo!
REINHOLD UNGER

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