Durchströmt von südfranzösischer Lebensfreude: Derzeit zeigt die MINT Gallery Malereien von Gena Milanesi und ebenso fantastische Tonarbeiten von Perrine Boudy (s. links). © Daniel Schvarcz
Erst Sammler, jetzt Galeristen: Tim Aumüller und Björn Gerstner möchten auch andere für Kunst begeistern. Deshalb haben sie vor einem Jahr die MINT Gallery gegründet. © kjk
Und wenn es zeitlich knapp werden könnte mit dem Versand von Kunstwerken, dann mieten sich Björn Gerstner und Tim Aumüller einfach einen Van und fahren selbst nach London. Einmal alles einladen bitte – und am nächsten Tag zurück nach München. „Es war nicht sicher, ob die Arbeiten unserer Künstlerinnen und Künstler pünktlich zur Ausstellungseröffnung eintreffen würden. Also sind wir selbst gefahren – und haben so nebenbei viel Geld gespart“, meint Gerstner schmunzelnd. Merke: Selbstabholung ist nicht nur bei Ebay günstiger. Die Zwei-Tage-London-Anekdote zeigt, dass diese jungen Männer genau das mitbringen, was es wohl braucht, wenn man wie sie in wirtschaftlich unsicheren Zeiten eine Galerie eröffnet: Die zwei versprühen eine Leidenschaft für Kunst, die ansteckt.
Beide Mitte 30, beide selbst seit vielen Jahren Sammler. Irgendwann kam ihnen der Gedanke: Warum nicht einen Ort schaffen, an dem genau das angeboten wird, was ihnen selbst so gut gefällt – Kunst von aufstrebenden Talenten, noch bezahlbar, aber mit vielversprechender Perspektive. Wie findet man die? Wie überblickt man diesen überbordenden Kunstmarkt, entdeckt Perlen, die hübsch poliert künftig noch strahlender funkeln werden? „Unser Glück ist, dass wir durch unsere eigene Sammel-Erfahrung inzwischen weltweit gut vernetzt sind. Da knüpfen wir an: sind umtriebig, fahren auf Messen, treffen die Künstler in ihren Studios. Und versuchen, ihnen München schmackhaft zu machen“, sagt Aumüller. Man darf sagen: Sie wissen, welche süßen Schweinereien es dazu braucht. Im übertragenen Sinne. Vor einem Jahr haben sie ihre MINT Gallery eröffnet, Falkenturmstraße 14, um die Ecke von Platzl, Hofbräuhaus, Maximilianstraße. „Leider ist München für viele internationale Künstlerinnen und Künstler gar nicht auf dem Radar. Wenn sie unsere Adresse googeln, werden sie neugierig. Die Lage spielt uns wirklich in die Karten.“ Die meisten kommen zum ersten Mal – und wollen dann gar nicht mehr fahren.
Das könnte auch an den beiden sympathischen Gastgebern liegen. Wer sie in ihrer Galerie besucht, bekommt erst einmal einen exzellenten Kaffee (Gerstner: „Ich glaube, unsere Kaffeemaschine war die wichtigste Anschaffung!“) oder mit Tonic gespritzten Wein („produzieren Freunde von uns“). Im Sommer gibt’s schonmal spezielle Eiskreationen, zuletzt ein Mix aus Pistazie, Erdbeere und weißer Schokolade, ebenfalls hergestellt von einem Spezl. Überhaupt geht’s in der MINT Gallery sehr freundschaftlich zu. WGKüchen-Atmosphäre – und alle sechs Wochen eine ordentliche Sause. „Kunst zu sammeln, ist unser schönstes Hobby. Um anderen zu zeigen, wie viel Spaß das machen kann, setzen wir auf ein entspanntes Setting, einen wirklich einfachen Zugang. Also gibt’s bei uns jeden zweiten Monat eine Vernissage“, erklärt Gerstner. Die Hütte ist jedes Mal voll, das Publikum jung und interessiert. Viele noch unerfahren in der Kunstszene, aber mit der Lust, mehr zu verstehen. „Wir setzen auf einen großen Durchlauf, weil wir zeigen möchten, wie vielfältig die Welt der Kunst ist.“ Sie nennen es „einschmecken“. „Wenn du dich besser mit Wein auskennen möchtest, musst du viele Flaschen durchtesten, um deinen Geschmack zu erweitern, zu wissen, was es alles gibt. So ist es bei Kunst auch. Bei uns soll man nicht hereinkommen und das Gefühl haben, man müsse etwas kaufen, sondern es geht darum, erstmal ein Gefühl zu entwickeln, was einem gefällt.“
Preislich liegen die Arbeiten im niedrigen vierstelligen Bereich bis um die 20 000 Euro. Kostenlos obendrauf gibt es die Erinnerung an Frühling-, Sommer-, Herbst- und Winterabende in der Galerie. An Gespräche, die neue Welten eröffnen. Und das prickelnde Gefühl, nun möglicherweise ein Werk daheim zu haben, dessen Urheber demnächst in Museen und berühmten Ausstellungshäusern vertreten ist.
KATJA KRAFT
Bis 2. November
zeigt die MINT Gallery Werke von Gena Milanesi und Perrine Boudy. Do. und Fr. 11 bis 19, Sa. bis 18 Uhr. Infos: www.mintmunich.com.