Im Dialog bleiben

von Redaktion

Nach Wirbel um die Herzog Franz Lecture: Museumschefs distanzieren sich

„Einseitige Kritik am Staat Israel lässt in Deutschland einen neuen Antisemitismus aufflammen“, warnt Herzog Franz (o.). Ihm zu Ehren hatte Koyo Kouoh (re.) in der Pinakothek der Moderne einen Vortrag bei der ersten Herzog Franz Lecture gehalten. Darin kritisierte Koyo Kouoh indirekt Israels Handeln im Nahost-Konflikt, ohne auf die Angriffe der Hamas einzugehen. © Frank Hanewacker

Herzog Franz selbst möchte sich nicht weiter äußern zu der Veranstaltung am Montagabend, die viel Ärger und Diskussion ausgelöst hat. Wie berichtet, hatten die vier Museen der Pinakothek der Moderne, das Museum Brandhorst sowie ihr gemeinsamer Freundeskreis PIN. zur ersten Herzog Franz Lecture eingeladen: Einmal jährlich soll bei dieser neuen Veranstaltung in feierlichem Rahmen zu Ehren des großen Kunstmäzens von einer „herausragenden internationalen Persönlichkeit“ zu einem relevanten zeitgenössischen Thema gesprochen werden. Am Montagabend war es Koyo Kouoh, seit 2019 Direktorin und Chefkuratorin des Zeitz Museum of Contemporary Art Africa in Kapstadt. Ihren Vortrag überschrieb sie mit „Anima mundi – wie Kunst die Welt zusammenhält“. Das klang völkerverbindend und passend zum in der Einladung erwähnten Anspruch Herzog Franz’: „Sein Hauptanliegen war und ist, Türen zu öffnen, Horizonte zu erweitern und Bayern um eine internationale Perspektive zu bereichern.“

Am Montag schlugen etliche Zuhörerinnen und Zuhörer die Türe jedoch zu – empört durch das, was Koyo Kouoh auf der Bühne des Ernst von Siemens Auditoriums der Pinakothek der Moderne sagte. Ohne es direkt zu formulieren, kritisierte Kouoh Deutschlands Haltung im Nahost-Konflikt. Hierzulande zeige man Solidarität gegenüber Opfern von „unvorhergesehener, unaufhörlicher Gewalt“ eines Landes, das „sein Regime des Terrors und der Zerstörung auf den Libanon ausgedehnt hat“. Viele verließen den Saal ob dieser einseitigen Sicht auf den Konflikt, bei der die Graumsamkeit der Hamas völlig ausgeblendet wurde.

Herzog Franz blieb und hörte sich den Vortrag bis zum Ende an – wohl auch um ein Zeichen zu setzen, dass es wichtig ist, im Dialog zu bleiben. Denn der ging im Anschluss weiter. Ausgiebig diskutierten die verbliebenen der insgesamt rund 350 Gäste beim Empfang kritisch über Koyo Kouohs Worte. Bereits auf der Bühne hatte sich nach Ende des Vortrags Angelika Nollert, Direktorin der Neuen Sammlung, geäußert und betont, dass natürlich auch der Angriff auf Israel stark verurteilt werde.

Das Haus Bayern schrieb auf Instagram, dass Herzog Franz für die Auftaktveranstaltung und den Vortrag danke – „ein Vorfall soll hier jedoch angesprochen sein: Im Vortrag wurde das Vorgehen Israels in Gaza und Libanon kritisiert, ohne den Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober und die immer noch festgehaltenen Geiseln zu berücksichtigen … während freie Meinungsäußerung natürlich wichtig ist, warnt Herzog Franz unabhängig von diesem Vorfall, dass einseitige Kritik am Staat Israel hier in Deutschland leider einen neuen Antisemitismus aufflammen lässt.“ Dies sei sicherlich nicht die Absicht von Koyo Kouoh gewesen. „Herzog Franz dankt der Pinakothek der Moderne dafür, dass das Thema am Ende nochmals angesprochen wurde, sowie Koyo Kouoh, dass sie ihr Statement daraufhin relativierte.“

In einer gemeinsamen Pressemitteilung unterstreichen Nollert und die Museumsdirektoren Michael Hering (Staatliche Graphische Sammlung), Achim Hochdörfer (Museum Brandhorst), Andres Lepik (Achitekturmuseum) sowie Bernhard Maaz, Generaldirektor der Bayerischen Staatssammlungen, und der Vorstand der PIN. Freunde nun: „Zu intensiven und engagierten Gesprächen führten Koyo Kouohs politische Aussagen insbesondere zur Situation im Nahen Osten, die sich keineswegs mit der Haltung der Veranstalter decken. Bereits unmittelbar im Anschluss an die Lecture noch auf der Bühne haben wir als Veranstalter dies deutlich formuliert.“ Sie sehen in diesem emotional aufgeladenen Abend einen Beweis dafür, wie notwendig Veranstaltungen wie diese sind: „Wir hoffen, wir konnten zeigen, wie wichtig es ist, gemeinsam offene Gespräche zu führen.“

Und so wird die erste Herzog Franz Lecture nicht die letzte gewesen sein. Wie geplant, wird es im kommenden Jahr die zweite geben. Wer dann zu welchem Thema vorträgt, ist noch nicht entschieden.
KATJA KRAFT

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