Der Zither Manä hat noch immer den Blues. © Andreas Stark
Es gibt Begriffe, die mögen umso weniger passen, je genauer man hinsieht. „Kleinkunst“ etwa. Gewiss, sie blüht meist auf kleinen Bühnen, aber sie bringt Großes hervor, und sie zeigt Durchhaltevermögen. So wie der Poetenstammtisch der MundArtFreunde Bayerns im Fraunhofer, der am Montag seinen 30. Geburtstag feierte. Erste Anfänge lassen sich sogar bis ins Jahr 1976 zurückverfolgen. 17 Bücher später sitzt Satiriker Helmut Eckl nun auf der Bühne und zeigt: Vieles mag sich verändert haben, die Menschen sind gleich geblieben.
Die zwei Männer, die in der Tram vor dem letzten freien Platz stehen bleiben, um keine Schwäche zu zeigen; der Gast, der „a fein’s Lokal“ besucht, um sich in die bessere Gesellschaft zu fantasieren – man kennt sie heute noch. Und wenn der Zither Manä im Duett mit Moderatorin Annamirl Spies in „Annamirl“ den Generationenkonflikt besingt, ist das weit mehr als eine Reminiszenz an alte Zeiten. Vom Zitherspiel des Kraudn Sepp gleitet der Manä direkt in den Blues. Dazu, erklärt er grinsend, „braucht’s nur einen Ton, mit dem macht der BR ganze Programme“. Manches an diesem Abend kennt man und hört es immer wieder gern, anderes ist bedrückend aktuell wie Manäs Hommage „Fredl Fesl war der King“.
Neugier auf die Menschen und eine tiefe Liebe zur Sprache eint die Stammtisch-Gemeinschaft. Da passt Claudia Pichler bestens dazu. Die Frau, die als Studentin im Fraunhofer Gläser spülte, war noch nicht geboren, als Eckl die Runde ins Leben rief. Jetzt ist sie Dialektpreisträgerin und wundert sich: „Dialekt-Preiß – des is doch a Widerspruch in sich!“ Ihr eigener Widerspruch stößt an Grenzen: Angesichts Söderscher Volten verschlägt’s ihr die Sprache.
Comedy, Satire, Kabarett? Reiner Rumpf greift zur Gitarre und wischt das Schubladendenken beiseite. Einer Gesellschaft, die nur noch auf Trennendes starrt, hält der feinsinnige Barde sein eigenes Ordnungssystem entgegen. Das kennt, jenseits von Herkunft, Geschlecht und Religion, „nur zwei Gruppen von Menschen: Arschlöcher und Nicht-Arschlöcher“. „Enterbrainment“, nennt Rumpf seine Art, Denkanstöße zu geben. Und er ergänzt: „In Unterhaltung steckt das Wort Haltung.“ Die will man am Poetenstammtisch wahren. Eine große Aufgabe, wieder am 25. November im Fraunhofer.
PETER T. SCHMIDT