Steinstark

von Redaktion

Vicky Lardschneider zeigt in München ihre Kunst aus natürlichen Farben

Die Kraft der Steine liegt in Lardschneiders Arbeiten.

Auch Wachs und Kohle arbeitet Vicky Lardschneider in ihre „organisch-abstrakten“ Werke ein.

In ihrem Element: Vicky Lardschneider liebt die Natur – und schafft Werke, die von ihr inspiriert sind. © Achim Frank Schmidt (3)

Mit Anfang 20 ist Vicky Lardschneider von New York nach Spanien gereist. Jetzt nicht Business Class, Flugzeug, zack, zack. Sondern per Containerschiff. 21 Tage auf dem Atlantik, als einzige Frau zwischen den insgesamt fünf Passagieren und der Crew. „Als ich an Bord gegangen bin, habe ich zugegebenermaßen kurz gedacht: Was tust du hier eigentlich?“, erzählt die gebürtige Münchnerin lachend. Doch hat die Überfahrt keine Sekunde lang bereut. Im Gegenteil: „Das war eine der intensivsten und wichtigsten Erfahrungen meines Lebens.“ 21 Tage auf hoher See, ohne Internet, ohne Lichtverschmutzung, Aufstehen mit dem Sonnenschein und Schlaffinden bei Sonnenuntergang, jeden Tag der gleiche Ausblick und doch nie dieselbe Aussicht. Ein in immer anderen Farben leuchtender Horizont, gemalt von der Natur. Auf dieser Reise ist er wohl gereift, Lardschneiders Entschluss, ihren Job als Architektin zu kündigen und fortan ihrer Leidenschaft zu folgen. Seit 2019, da war sie 25, ist sie freischaffende Künstlerin. Und eröffnet am Donnerstag in der Orangerie im Englischen Garten ihre bisher größte Einzelausstellung.

Der Ort könnte nicht stimmiger sein. Umringt von Natur zeigt Lardschneider die Arbeiten ihrer Reihe „Echoes of Nature – A colourful Dialogue“. Früher hat sie mit Acryl gemalt – farbintensiv, doch „Plastik pur“. Jetzt stellt sie ihre Farben selber her. Sammelt Steine, zermörsert sie und nutzt die natürlichen Pigmente. Aufgewachsen am Chiemsee und in München, ist die 1995 geborene junge Frau schon als Kind viel am Wasser entlang und durch die Wälder gestreift, hat Steine und Naturmaterialien gesammelt. Heute schafft sie damit Werke, die die Farbpalette ihrer Heimat spiegeln. Hierzulande etwa findet man Steine mit blauen und grünen Pigmenten nicht. „Die gibt es eher in Arizona, Russland oder Ungarn.“ Doch Lardschneider weiß sich zu helfen. Ihr Vater hat früher in Venezuela gelebt und von dort Steine mitgebracht. Das Grün daraus leuchtet auf einem Werk in der goldenen Herbstsonne, die durch die Fenster fällt.

Je nach Härte und Größe eines Steines kann das Zermörsern zwischen zehn Minuten und zwei Stunden dauern. Dann bindet sie das körnige Pulver mit Eitempera. Mischt Eierschalen unter. Oder Kohle aus dem Kamin ihrer Schwester, Bienenwachs eines Imkers vom Chiemsee. Anfassen der Leinwände erlaubt. „Ich könnte die Materialien noch weiter zerkleinern, doch mir ist das Haptische wichtig. Man soll die Natur spüren.“ Natürlich könnte sie auch einfach die Acrylfarbtube öffnen und loslegen. „Mir geht es darum, mit der Natur in Verbindung zu kommen“, betont Lardschneider, die auch Yogalehrerin und Atemtrainerin ist. Für die Ausstellung hat sie eine Meditation eingesprochen. Die Besucher können Kopfhörer aufsetzen, ihren Worten lauschen und die abstrakten Werke auf sich wirken lassen. Sie selbst nennt sie lieber „organisch“. Gewachsen durch die Kraft der Natur.
KATJA KRAFT

31. Oktober bis 10. November

täglich 11 bis 19 Uhr; Orangerie am Englischen Garten 1a

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