Vor 40 Jahren spielte Adams sein erstes Konzert in der Olympiahalle. Heute ist er 65. © Martin Hangen
Dirigierte die Menge nach Belieben: Bryan Adams begeisterte seine Fans in der Münchner Olympiahalle. © Martin Hangen
Die Ersten, die die Hüllen fallen lassen, sind die jungen Männer im Publikum. Ihnen folgen einige Herren mittleren Alters. Und dann sogar ein paar junge Frauen. Bryan Adams hatte versprochen, dass diejenigen auf der großen Leinwand landen, die besonders ausgelassen zu „You belong to me“ tanzen. „Oder ihr macht es wie mein Freund hier vorne“, sagt der Kanadier und deutet auf einen jungen Mann in der ersten Reihe, der sich das T-Shirt ausgezogen hat und es wild über dem Kopf kreisen lässt.
Zum ausgelassenen Tanzen muss Adams sein Publikum in der ausverkaufen Olympiahalle an diesem Montagabend ein kleines bisserl motivieren. Zum Singen allerdings nicht. Tausende Stimmen unterstützen den Sänger und seine Band zu „Somebody“, „One Night Love Affair“ oder „Please forgive me“, laut und vor allem textsicher. So hört man das Publikum in der Halle eher selten, sehr zur Freude des Gastgebers.
Bryan Adams hat den direkten Vergleich. Mit seiner „So happy it hurts“-Tour hat er hier vor fast genau zwei Jahren schon einmal Station gemacht. Spielt er etwa das gleiche Konzert noch einmal? Tatsächlich ähneln sich die Setlists auf den ersten Blick, klar, er kann schlecht die ganzen Radiohits und das ewige „Summer of ’69“ nicht spielen. Er und seine Band um Gitarrist Keith Scott haben das Programm diesmal auf Rock frisiert. So kommt das schmachtende „Heaven“ plötzlich als Uptempo-Nummer daher. Gitarren dominieren den Sound. Und natürlich diese schmirgelnde Stimme.
Er kündigt es an, als er sich nach den ersten Liedern am Mikrofon in der Mitte der einfach gehaltenen Bühne verbeugt und sich gewohnt schlicht als Bryan vorstellt. „Ich spiele heute Abend viele Songs, die ihr kennen werdet, aber auch Songs, die ihr nicht kennt“, erklärt Adams am Vorabend seines 65. Geburtstags. „Damit müsst ihr leben, das ist mein Konzert“, schiebt er mit einem Augenzwinkern nach. Adams bedient sich dafür nicht nur im eigenen übervollen Fundus: Er spielt „Rock and Roll Hell“ von Kiss, erinnert mit „When the Night comes“ an Joe Cocker. Und zollt seiner Freundin Tina Turner Tribut, mit Ausschnitten von „Simply the Best“ und „What’s Love got to do with it“, die er in „It’s only Love“ packt. „Ich habe viele Konzerte in dieser Halle gespielt“, erzählt er. „Das erste vor 40 Jahren als Vorgruppe von Tina.“
Man merkt Bryan Adams an, dass er nach so vielen Jahren befreit auf die Bühne gehen und einfach Spaß haben kann. Ohne viel Schnickschnack und gleichberechtigt mit seiner Band, die auch an diesem Abend groß aufspielt. Und sich darüber freuen kann, wenn er die Halle am Ende eben doch zum Tanzen bringt. Es ist nun mal so, wie die Jury des Bambi schreibt, den Adams am morgigen Donnerstag hier in München in der Kategorie „Legende“ entgegennehmen wird: „Bryan Adams hat den Soundtrack zu unserem Leben komponiert.“
Den meisten Applaus, so viel sei verraten, ernten beim Wettkampf um die große Leinwand nicht die T-Shirt-schwingenden Fans mit freiem Oberkörper. Sondern eine ältere Dame, die ganz genau weiß, wie man rockt. Dem Sänger hat beides gefallen. „That was fantastic“, ruft Adams. Ja. Da hat er Recht.
KATHRIN BRACK