CD-KRITIK

Der Schelm aus den Bergen

von Redaktion

Das brillante Album „Dagobert und die wahre Musik vom südlichen Blütenland“

Reise durchs Sehnsuchtsland Panama: Dagobert alias Lukas Jäger, wunderlicher, wunderbarer und selbst ernannter Schnulzensänger. © Max Zahl

Dieser Dagobert ist kein Milliardär und schwimmt nicht durch seinen Geldspeicher, im Gegenteil. Genau genommen heißt Dagobert auch gar nicht Dagobert, sondern Lukas Jäger. Aber im Laufe seiner durchaus kuriosen Karriere ist der Dagobert zum Alter Ego des Schweizer Chansonniers und Edel-Schlagersängers geworden, der nun sein brillantes siebtes Album veröffentlicht hat.

Allein schon der sperrige, vom Taoismus inspirierte Titel „Dagobert und die wahre Musik vom südlichen Blütenland“ wird dafür sorgen, dass sich der Wahl-Berliner auch nach dieser Platte keinen Geldspeicher anlegen kann. Er garantiert aber auch dafür, dass ihn seine Fangemeinde umso hingebungsvoller verehrt. Denn Dagobert ist zweifellos genial – tut aber seit seinem Albumdebüt 2013 alles dafür, um kommerziellem Erfolg weiträumig aus dem Weg zu gehen.

Wer die Sache mit dem Genie aus den Schweizer Bergen nicht glaubt, höre sich durch seine bisherigen sechs Alben. Sehnsuchtsvollere Liebeslieder als „Du und ich“, lässigere Ohrwürmer als „Ich bin verstrahlt“ und skurrilere Balzversuche als „Ich will ne Frau, die mich will“ gibt es nirgendwo im deutschsprachigen Pop und Schlager. Andererseits klingen Dagoberts Perlen mit unverkennbarem Schweizer Dialekt so herrlich verschroben, dass sie eher nicht radiotauglich sind.

So verhält es sich auch mit dem neuen „Blütenland“Album, auf dem er eine Reise durch sein Sehnsuchtsland Panama Revue passieren lässt. Dagobert bekennt in einem der Songs: „Ich bin ein Fremder in meinem eigenen Leben geworden.“ Das verwundert nicht. Denn, noch so eine Selbsterkenntnis: „Ich will allein sein oder mit Menschen, die ich nicht kenne.“ In der SoulNummer „Im Menschenstall“ singt er über sein „glückliches Leben am Rande der Konsumgesellschaft“. Und für einen schnippsigen Ohrwurm wie „Meine Liebe für Dich“ würden etablierte Schlager-Kollegen töten.

Es geht wunderlich zu in der Kunst des selbst ernannten „Schnulzensängers“, dessen neues Album vorerst nicht auf Vinyl erscheint – weil seine Taschen wieder mal leer sind. Egal, seine heiß geliebten asiatischen Reisgerichte kosten nicht viel. Warum sie ihm so gut schmecken, verrät er im Song „Monosodium“. Nein, niemand außer Dagobert singt über den Geschmacksverstärker Glutamat. Aber es nennt ja auch niemand die Scorpions und Flippers-Altstar Olaf Malolepski als Vorbilder. Der Mann aus den Bergen ist ein wunderbarer Schelm.
JÖRG HEINRICH

Dagobert:

„Dagobert und die wahre Musik vom südlichen Blütenland“
(Recordjet).

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