Schweinsbraten mit Satire

von Redaktion

Neue Betreiber feiern mit Promis die Wiedereröffnung der Lach & Schieß

Reverenz an den Mitgründer: Ein Konterfei Dieter Hildebrandts ziert ein neues Schild.

Den „Laden“ auch künftig vollkriegen will der künstlerische Leiter, André Hartmann. © Achim Frank Schmidt

Dankesworte an die Unterstützerinnen und Unterstützer richtete Alt-OB Christian Ude. © Achim Frank Schmidt

Die Enge ist geblieben: Blick in den Zuschauerraum der neuen Lach- und Schießgesellschaft. Rechts in Rot Schauspielerin Johanna Bittenbinder. Links Marianne Wille (Dallmayr). © Achim Frank Schmidt

„Ich freue mich wahnsinnig“ – ein Satz, den Alt-OB Christian Ude an diesem Abend ganz oft sagt, es ist von „Rückenwind“ die Rede und von Unterstützung „von Anfang an“. Der Weg muss weit und steinig gewesen sein zur Wiedereröffnung der Münchner Lach- und Schießgesellschaft, einst eine Institution des politischen Kabaretts, gegründet vor fast 70 Jahren. Doch nun brennt wieder Licht im von den Gründern Dieter Hildebrandt und Sammy Drechsel liebevoll so genannten „Laden“, nach fast zweijähriger, durch eine Insolvenz bedingte Pause. Am Montag gefeiert mit vielen Münchner (Alt-)Stars – von Jutta Speidel über Gisela Schneeberger bis zu Alice und Ellen Kessler.

Wer die alte Lach- und Schießgesellschaft noch kannte, wird nur weniges wiedererkennen – die Bühne ist jetzt auf der gegenüberliegenden Seite, neben modernen Stühlen stehen bequeme rotbraune Lederfauteuils, es gibt wieder eine Bar. Eng ist es geblieben. Gewöhnungsbedürftig das changierende Licht unter der aufgerissenen Decke. An die goldenen Zeiten erinnern die von Dieter Hanitzsch gefertigten Karikaturen der Stars von einst an der Bühnenrückwand – Hildebrandt, der mit Abstand bekannteste Kopf des Schwabinger Brettls, bekam einen Goldrand. Sein Konterfei ziert auch ein neues Schild draußen über dem Eingang. Ein Raum, den man gerne betritt – und nicht nur abends betreten soll. Auch tagsüber wird es wie berichtet künftig zu essen und zu trinken geben.

Tagsüber Schweinsbraten, abends Satire? Ein Vorgeschmack auf die Zukunft, in der hier nicht mehr wie einst die reine Lehre verkündet wird? Es muss wohl so sein, dass der Glamour, dass der Dank an die Retter des Ladens an einem solchen Abend überwiegt. Christian Ude, Chef des Unterstützervereins „Die Ladenhüter“, begrüßt euphorisch die Münchner Stadtprominenz, unter ihnen Kulturreferent Anton Biebl, „Kulturbürgermeister“ Dominik Krause, BR-Intendantin Katja Wildermuth, Ex-Minister Wolfgang Heubisch, Hildebrandt-Witwe Renate Küster. Sie alle hätten mitgeholfen, das Projekt Wiedereröffnung der Lach- und Schießgesellschaft zu einem guten Ende zu führen.

Zuvor hat André Hartmann, neuer künstlerischer Leiter des Hauses, die Bühne eingeweiht. Musik sagt manchmal mehr als tausend Worte – auf dem E-Piano erklingt die Erkennungsmelodie des legendären „Scheibenwischer“ und das Intro zu „Kir Royal“, was dem ebenfalls anwesenden Franz Xaver Kroetz gefallen haben dürfte. Nostalgische Gefühle werden geweckt an die Zeiten, als Helmut Kohl regierte und Stimmenimitation im Kabarett schon die halbe Miete war. Vielleicht deshalb beschränkt sich Hartmann deshalb darauf, Gerhard Schröder und Udo Lindenberg zu parodieren und nach Udes Begrüßung nochmals die „Scheibenwischer“-Melodie zu spielen – à la Bach, Mozart und Liszt.

Der Alt-OB macht sodann bei einem zweiten Auftritt klar, dass er selbst nicht (mehr) als Kleinkünstler die Bühne erklimmen will („Diese Ängste will ich zerstreuen!“), erzählt dann jedoch recht episch von den beiden größten Blamagen in seiner Karriere als Stadtoberhaupt. Sie haben mit seinen Englischkenntnissen zu tun und seinem schlechten Personengedächtnis, das schuld daran war, dass er bei einer Veranstaltung einmal Yoko Ono nicht erkannte.

Vielleicht ist die Feierstimmung, die Freude darüber, es geschafft zu haben, der Grund dafür, dass Auszüge aus „Abgespeckt“, dem aktuellen Programm des Hausensembles, fast ein bisschen deplatziert wirken an diesem Abend. Es geht um Geldadel im Luxushotel in den Bergen, um wohltätige Milliardäre und die Klimakatastrophe. Plötzlich wird‘s ernst im „Laden“ – bei anderer Gelegenheit sind Christl Sittenauer, Sebastian Fritz und Frank Klötgen sicher mehr in ihrem Element.

„Wie könnt Ihr nur Politkabarett, wo doch Comedy in ist?“, zitiert Geschäftsführer Ulrich Spandau in seinem Grußwort alle Zweifler. Man wolle eine große Tradition fortführen, hätten die neuen Betreiber sich vorgenommen, und das kulturelle Erbe dieser Institution bewahren. „Wir sind keine Konkurrenten, sondern Nachbarn“, richtet Spandau das Wort an Kulturveranstalter Till Hofmann, einst selbst hier Geschäftsführer. Der „Lustspielhaus“- und „Circus Krone“-Betreiber wird es mit großer Gelassenheit zur Kenntnis genommen haben.
RUDOLF OGIERMANN

Weitere Veranstaltungen:

Am 15. (ausverkauft) und 16. 11. gibt es eine „Lesung“ mit Konstantin Wecker, am 18. gastiert Irmgard Knef mit „Barrierefrei“ und am 20. spielt das Monika Drasch Trio auf, Beginn jeweils 19.56 Uhr.

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