Nach fast drei Jahrzehnten Bandgeschichte füllen Sum 41 immer noch große Hallen. © TRAVIS SHINN
Feuer, Nebel und Konfettisalven – Sum 41 und ein aufgedrehter Deryck Whibley lassen es in der Olympiahalle bei der Abschiedstournee ein letztes Mal krachen. „Let’s get fucking crazy tonight“, schreit der Sänger immer wieder ins Mikro. Das fast ausverkaufte Rund folgt begeistert dieser Aufforderung: Bierfontänen spritzen in die Luft, und Pogo-Kreise durchziehen die Halle, die immer in Bewegung ist. Selbst auf den Sitzplätzen gibt es kein Halten mehr, alles hüpft und springt um die Wette.
Dass die düsteren Themen im Leben auch nicht vor dem Pop Punk haltmachen, zeigte die kürzlich veröffentlichte Autobiografie des Sängers. Darin schildert er, wie er in den Anfangszeiten vom damaligen Bandmanager jahrelang sexuell missbraucht wurde. Darauf folgten seine Alkoholsucht, die er fast mit dem Leben bezahlte, und die Scheidung von seiner damaligen Frau, der Sängerin Avril Lavigne.
Mit diesem Wissen ist die musikalische Entwicklung der Band umso nachvollziehbarer, entfernten sich Sum 41 doch rasch vom Pop Punk der Anfangsjahre, um sich textlich und musikalisch dem Metal zuzuwenden. Letztere Einflüsse waren über all die Jahre eine der Besonderheiten der Kanadier. Kein Wunder, dass Sum 41 nach fast drei Dekaden Bandgeschichte immer noch die größten Hallen füllen. Schier unzählige Male bedankt sich Whibley bei den Fans und der Sum-41-Familie, die der Band über all die Jahre die Treue hielt. Und für die Familie gibt‘s zum Abschied einige Schmankerl: Selbst die Liebhaberperle „Noots“ findet erstmals Platz auf der Setlist.
Fast 30 Songs packen Sum 41 in ihre über zweistündige Show und den wilden Ritt durch die Bandgeschichte. Als die Lichter nach der ersten Zugabe und dem Klassiker „In too deep“ ausgehen, machen sich die Ersten auf den Heimweg. Doch schnell heißt es zurück in die Halle, denn auf einmal stehen die Jugendhelden erneut auf der Bühne, um die Ballade „So long Goodbye“ anzustimmen. Bei den beiden folgenden Klassikern zeigt sich die Sum-41-Magie ein letztes Mal. Sichtlich bewegt verabschiedet sich Whibley von den Fans. Und diese bedanken sich verschwitzt und erschöpft für die Zeitreise.
MICHAEL HELLSTERN