Barocke Sternstunden

von Redaktion

Giovanni Antonini mit dem BR-Chor im Prinzregententheater

Giovanni Antonini, Dirigent und Flötist. © Marco Borggreve

Weiß-graue Schneeflecken markieren den Weg zum Münchner Prinzregententheater, das hell in die dunkle Nacht hinausleuchtet. Der Winter ist die Zeit für geistliche Musik, eine Spezialität des Alte-Musik-Ensembles Il Giardino Armonico. Gemeinsam mit dem Chor des Bayerischen Rundfunks präsentierte es unter seinem auch flötenden Dirigenten Giovanni Antonini Musik des 16. und 17. Jahrhunderts in einer durchfließenden Dramaturgie, die das kleinteilige Programm ohne Zwischenapplaus zu einem größeren Ganzen verband.

Besonders im Fokus stand der Mann, der München zu der Musikstadt gemacht hat, die sie heute ist: Orlando di Lasso, von dem über den Abend verteilt zwei Zyklen aus Motetten und Madrigalen erklangen: Das Spätwerk „Lagrime di San Pietro“ und die „Prophetiae Sibyllarum“ – deren reichhaltige Vokalpolyphonien der BR-Chor vollmundig und stilbewusst intonierte.

Zwischen den chorischen A-cappella-Kompositionen präsentierte Il Giardino Armonico auch rein instrumentale Stücke des im 16. Jahrhundert aufkommenden „neuen Stils“, der den Übergang von der vokalen in die instrumentale Ära der Musikgeschichte markiert. Dabei führte das italienische Originalklangensemble den ganzen Reiz historischer Aufführungspraxis vor Ohren: Agil wurde die Alte Musik neu belebt, ganz besonders in Dario Castellis kontrastreich zwischen extremen Dynamiken pendelnder „Sonata XVI“, die Giovanni Antonini mit seiner Blockflöte anstelle des Dirigierstabes agil anleitete.

In Claudio Monteverdis „Lamento d’Arianna“, dieser frühbarocken Sternstunde, konnten dann Chor und Ensemble gemeinsam auftrumpfen. Dabei griffen Gesang und Instrumente so reizvoll ineinander, dass sie trotz der als pausenlos gedachten Dramaturgie spontanen Zwischenapplaus ernteten. Zum Abschluss dann Giacomo Carissimis Oratorium „Jonas“, in dem sich vier Chorsängerinnen solistisch exponieren konnten. Besonders eindrucksvoll gelang das dem Tenor Q-Won Han in der Titelpartie: Mit weicher, eindringlicher Stimme intonierte er den Glaubenskampf des Propheten und bekam Beifallsstürme.
ANNA SCHÜRMER

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